Wie sich die AfD im Landtag selbst als undemokratisch entlarvt
Fraktionschefin Ebner-Steiner wollte den unbequemen Gastwirt Bergmüller aus der Landtagsfraktion ausschließen. Eine inhaltliche Begründung blieb sie schuldig
Zu den auffälligsten Merkmalen der AfD im Bayerischen Landtag gehört ihre Ängstlichkeit. Das zeigt sich im alltäglichen Parlamentsbetrieb, wenn ihre Abgeordneten nur in Gruppen ins Plenum einziehen, alleine in den Ausschüssen aber kaum den Mund aufmachen. Das zeigt sich an ihrem geradezu absurden Sicherheitsbedürfnis: Sie wollten zum Beispiel eine Glasscheibe vor den Besucherrängen im Plenarsaal, weil ihnen böse Menschen etwas auf den Kopf werfen könnten. Und das zeigt sich jetzt im Umgang mit Andersdenkenden in der eigenen Fraktion. Der bodenständige, knorrige, aber eben auch unabhängige oberbayerische Gastwirt Franz Bergmüller sollte ausgeschlossen werden – „wegen mangelnder Loyalität“, wie Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner schriftlich mitteilte.
Nun muss man der AfD – wie jeder anderen neuen Fraktion auch – zugutehalten, dass es nicht einfach ist, sich auf einem noch unbekannten Spielfeld namens Parlament zurechtzufinden. Doch knapp ein halbes Jahr nach der Wahl sieht alles danach aus, dass die AfD gar nicht richtig mitspielen will. Ein paar gezielte Provokationen in Plenardebatten, ein paar abwegige Anträge – das war’s. Nicht einmal zu einer Pressekonferenz im Landtag hat es bisher gereicht. Ist die „links-grün versiffte Systempresse“in Bayern wirklich so furchteinflößend oder hat die AfD nur einfach zur Landespolitik nichts mitzuteilen?
Vieles spricht dafür, dass sie in einem veritablen Dilemma steckt. Die AfD-Fraktion im Landtag kann nicht geschlossen auftreten, weil sie nicht geschlossen ist. Knapp ein Drittel der Abgeordneten werden intern dem bürgerlich-rechtskonservativen Lager zugerechnet, zwei Drittel gelten als stramme Gefolgsleute des rechtsradikalen Thüringer AfD-Politikers Björn Höcke. Von Anfang an ist es der Fraktion nur mühsam gelungen, diese Spaltung zu kaschieren, etwa indem der Rechtsaußen-Frau Ebner-Steiner der deutlich gemäßigtere Markus Plenk als Co-Fraktionschef zur Seite gestellt wurde.
Diese Fassade der Bürgerlichkeit beginnt zu bröckeln. Auf den Austritt des Abgeordneten Raimund Swoboda, der nach eigener Aussage aus Protest gegen „rechtsradikale Gesinnungshasardeure“der Fraktion den Rücken gekehrt hatte, folgt nun der Fall Bergmüller. Der eigensinnige Gastwirt sollte vor die Tür gesetzt werden, weil er vor einem „Rechtsruck“der AfD gewarnt und eine Grundsatzdiskussion über den politischen Kurs der Fraktion gefordert hat.
In anderen Parteien würde man sich über so eine Begründung nur verwundert die Augen reiben. Dass Mandatsträger ihre eigene Partei wahlweise als zu rechts oder zu links einstufen und programmatische Grundsatzdiskussionen fordern, gehört überall sonst zur normalen demokratischen Debatte.
In der AfD-Fraktion aber sind solche Debatten offenbar unerwünscht. Widerworte sollen nicht toleriert werden. Ebner-Steiner wollte ein Exempel statuieren und ihre Truppe auf bedingungslose Gefolgschaft einschwören. Dabei ist offensichtlich, dass hier der Wille zur Macht einhergeht mit der Angst vor einer offenen Diskussion. Eine nähere inhaltliche Begründung nämlich blieb die Fraktionsvorsitzende schuldig. Erst gestern Abend nahm sie den Antrag von der Tagesordnung.
Mit derlei Gehabe entlarvt die AfD sich selbst als undemokratisch. Die bürgerlich-rechtskonservativen AfD-Abgeordneten sollen der sich stetig radikalisierenden Partei als demokratisches Feigenblatt dienen, aber ansonsten den Mund halten. Diese Gesinnung und die Angst, in der Sache Stellung beziehen zu müssen, sind in dem Hickhack um Bergmüller offenkundig geworden.
Die Fassade der Bürgerlichkeit beginnt zu bröckeln