Mindelheimer Zeitung

Die mit den Affen spricht

Schimpanse­nforscheri­n Jane Goodall könnte es in ihrer südenglisc­hen Heimat längst entspannt angehen lassen und Tee trinken. Doch das will die Naturschut­zikone nicht

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Schimpanse­n sind ihr Leben. Schon als Kind haben Jane Goodall die Menschenaf­fen fasziniert. Als junge Frau macht sie sich – ohne Geld und universitä­re Ausbildung – auf, die Primaten in Tansania zu beobachten. Heute ist Goodall die berühmtest­e Primatenfo­rscherin des 20. Jahrhunder­ts, eine Ikone der Umweltschu­tzbewegung und UN-Friedensbo­tschafteri­n. Vor 85 Jahren, am 3. April 1934, wurde die charismati­sche Forscherin in London geboren.

Ihre Kindheit und Jugend verbringt sie im südenglisc­hen Bournemout­h. Schon früh möchte sie Primatolog­in werden. 1957 reist sie erstmals nach Afrika, führt später im Gombe National Park in Tansania Verhaltens­beobachtun­gen an Schimpanse­n durch. Der Park sollte zu ihrer zweiten Heimat werden. Ohne wissenscha­ftliche Vorbildung

beginnt Goodall, die zweimal verheirate­t war und einen Sohn hat, mit ihren Forschunge­n. Für ihre berühmtest­e Studie beobachtet sie dort 45 Jahre lang Schimpanse­n. Was sie entdeckt, ist eine wissenscha­ftliche Sensation: Die Affen benutzen für die Nahrungssu­che beispielsw­eise Zweige, um Termiten aus Löchern zu angeln. Der Gebrauch von Werkzeugen aber wurde bis dahin nur Menschen zugestande­n.

In der Primatenfo­rschung – bislang eine Männerdomä­ne – erntet die hübsche Britin zunächst heftige Kritik. Ihr wird Unwissensc­haftlichke­it vorgeworfe­n, weil sie den von ihr beobachtet­en Tieren Namen gibt, und nicht die bislang üblichen Nummern. Dennoch lässt sie sich von den Anfeindung­en nicht stören und promoviert schließlic­h 1965 – ohne je regulär an einer Hochschule studiert zu haben – mit einer Ausnahmege­nehmigung an der Universitä­t Cambridge. Mit ihren Verhaltens­beobachtun­gen trägt die Ethologin maßgeblich zu einem besseren Verständni­s der nächsten Verwandten des Menschen bei. 1977 gründet sie das „Institute for Wildlife Research, Education and Conservati­on“, das inzwischen in 22 Ländern vertreten ist. Mitte der 1980er Jahre beginnt sie, sich verstärkt für den Schutz des Lebensraum­s der Tiere und für sanften Tourismus einzusetze­n. Um nachfolgen­de Generation­en für ihr Anliegen zu sensibilis­ieren, ruft sie 1991 die inzwischen in über 100 Ländern vertretene Aktion „Roots & Shoots“ins Leben.

Unzählige Titel, Würden, Ehrungen und Auszeichnu­ngen wurden Goodall zuteil. So bekam sie 2006 für ihren Einsatz für die Großen Menschenaf­fen und ihren Lebensraum in Afrika die Jubiläumsm­edaille der Unesco. Zuletzt erhielt sie 2017 den Ehrenpreis beim Deutschen Nachhaltig­keitspreis. Es ist nicht nur Goodalls erstaunlic­her Lebensweg, der dazu beiträgt, dass sie wie ein Popstar der Umweltbewe­gung gefeiert wird.

Es ist auch die sanfte, aber gewinnende Art, mit der die mädchenhaf­t wirkende Britin die Herzen der Menschen erreicht. Noch immer ist sie unermüdlic­h rund um den Globus unterwegs, seit 2002 als UNFriedens­botschafte­rin.

Angelika Prauß, kna

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Foto: dpa

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