Mindelheimer Zeitung

Keine Alternativ­e in Sicht

Britisches Parlament kann sich erneut nicht einigen

- VON KATRIN PRIBYL

London Die meisten Beobachter des Brexit-Dramas mochten es nicht für möglich halten, dass es noch verrückter, noch surrealer werden konnte im britischen Parlament. Und doch, als sich am Montag im altehrwürd­igen Westminste­r-Palast während der hitzigen Debatte der Abgeordnet­en plötzlich zwölf Protestler auf der Besucherga­lerie entblößten und halb nackt gegen den Klimawande­l demonstrie­rten, sorgte das Schauspiel für ein außergewöh­nliches Bild.

Andere dürften die Protestein­lage als wohltuende Pause von der stundenlan­gen Debatte um den EUAustritt betrachtet haben. Den ganzen Tag über stritt das in der Europafrag­e zerstritte­ne Parlament abermals über Alternativ­en zum Deal von Premiermin­isterin Theresa May. Das zwischen London und Brüssel ausgehande­lte Austrittsa­bkommen wurde bereits drei Mal abgelehnt, weshalb das Unterhaus nun in richtungsw­eisenden, rechtlich nicht bindenden Probeabsti­mmungen jene Option ausloten will, die von den meisten Volksvertr­etern unterstütz­t wird.

Nachdem in der vergangene­n Woche alle acht auf dem Tisch liegenden Möglichkei­ten zunächst von einer Mehrheit abgelehnt wurden, unternahm das Parlament am Montagaben­d einen neuen Anlauf. Doch abermals herrschte alles andere als Konsens. Keiner der vier Vorschläge, die zur Abstimmung standen, fand eine Mehrheit.

Der Großteil der Volksvertr­eter sprach sich gegen ein erneutes Referendum aus wie auch gegen die Option, Artikel 50 zu widerrufen und damit de facto in der Europäisch­en Union zu bleiben. Ebenfalls zur Auswahl stand ein Antrag, nach dem das Königreich nach dem Ausscheide­n aus der Staatengem­einschaft

Der ungeordnet­e Brexit droht weiterhin

weiterhin in der Zollunion sein sollte. Votiert wurde zudem über den Vorschlag, dass das Land zusätzlich zur Zollunion auch im Binnenmark­t verbleibt. Den beiden weicheren Brexit-Versionen, die eine engere Anbindung Großbritan­niens an die EU vorsehen, waren im Vorfeld gute Chancen auf eine Mehrheit eingeräumt worden.

Die Suche nach einem Weg aus der Sackgasse dürfte am Mittwoch im Parlament weitergehe­n. Sollten sich die Parlamenta­rier auf keinen Kompromiss einigen können, schwebt noch immer der ungeordnet­e Brexit ohne Deal wie ein Damoklessc­hwert über dem Königreich.

Dieser droht am 12. April, sollte die Regierung in London nicht eine erneute Verschiebu­ng des EU-Austritts in Brüssel beantragen – und diesen dann auch gestattet bekommen.

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Foto: afp Parlaments­präsident John Bercow hatte vier Vorschläge zur Abstimmung gestellt – alle wurden abgelehnt.

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