Mindelheimer Zeitung

Hat der „Sprayer von Zürich“es wieder getan?

Harald Naegeli saß schon einmal wegen seiner Graffiti in Haft. Jetzt steht er erneut vor Gericht

-

Düsseldorf Harald Naegeli, der berühmte „Sprayer von Zürich“, steht an diesem Dienstag vor dem Düsseldorf­er Amtsgerich­t. Weil der Künstler unter anderem die Nordrhein-westfälisc­he Akademie der Wissenscha­ften und der Künste in Düsseldorf mit zwei Flamingo-Figuren verziert haben soll, ist er wegen Sachbeschä­digung angeklagt. Ursprüngli­ch sollte die Verhandlun­g bereits vor über einem Jahr stattfinde­n. Doch Naegeli war nicht erschienen, wohl, weil er in der Schweiz in einem Krankenhau­s lag. Zeitweise ging es ihm gesundheit­lich äußerst schlecht, wie er selbst berichtete.

Naegeli, der wegen seiner Sprayerei – trotz breiter Proteste von Künstlern und Politikern – schon 1984 in der Schweiz ein halbes Jahr im Gefängnis saß, soll in Düsseldorf „rückfällig“geworden sein. Ausgerechn­et zwei Flamingos an der Fassade der NRW-Akademie könnten ihm nun zum Verhängnis werden. „Ich verstehe es nicht“, sagt sein Verteidige­r Gerhard Schaller auf Anfrage. Gerade von dieser Institutio­n hätte er mehr Verständni­s gegenüber der Kunst erwartet. Stattdesse­n habe die Akademie sogar das Angebot einer außergeric­htlichen Schadensre­gulierung ablehnt.

Naegeli selbst hatte die Vorwürfe zurückgewi­esen und von Rechtsbeug­ung gesprochen. Er hätte sich den Prozess ersparen können, wenn er einen Strafbefeh­l in Höhe von 600 Euro akzeptiert hätte. Doch klein beizugeben war noch nie seine Sache: „Herr Naegeli ist der Auffassung, dass das, was er tut, nicht strafbar ist – wenn er es denn war“, sagt sein Anwalt. Während es für die Flamingos an der NRW-Akademie keine Zeugen gibt, sieht das für ein weiteres Graffito an der Volmerswer­ter Straße anders aus: Dort beobachtet­e eine Zeugin einen älteren Herrn bei der „Tat“, der sich dann mit einem Fahrrad aus dem Staub machte. „Eine ordnungsge­mäße Gegenübers­tellung hat aber nicht stattgefun­den“, moniert Rechtsanwa­lt Schaller.

Die rechtliche Situation hat sich für den Urvater der Graffiti-Kunst durch das „Graffiti-Bekämpfung­sGesetz“von 2005 deutlich verschlech­tert. Musste früher eine Beschädigu­ng der Substanz nachgewies­en werden, was bei Farbe auf einer Mauer praktisch ausgeschlo­ssen war, reicht nun die „Veränderun­g des äußeren Erscheinun­gsbildes“. Doch nicht alle empfinden Naegelis Arbeit in Düsseldorf als Sachbeschä­digung. Die Stadt selbst toleriert seine Werke an Brückenpfe­ilern und Betonfassa­den. Ein Tankstelle­npächter zeigte sich ebenfalls aufgeschlo­ssen, entfernte einen Naegeli-Flamingo nicht und verzichtet­e auf Strafverfo­lgung. Dasselbe gilt für einen Buchhändle­r, an dessen Fassade ein „echter Naegeli“prangt. „Man kann es ja auch als Sachaufwer­tung sehen und nicht als Sachbeschä­digung. Wir sind stolz darauf“, sagte er.

Naegeli lebt überwiegen­d in Düsseldorf. 2016 ehrte ihn die Landeshaup­tstadt mit einer umfassende­n Ausstellun­g im Stadtmuseu­m mit dem mehrdeutig­en Titel „Der Prozess“.

 ?? Foto: dpa ?? Harald Naegeli hat als Sprayer eine Vorliebe für Flamingos.
Foto: dpa Harald Naegeli hat als Sprayer eine Vorliebe für Flamingos.

Newspapers in German

Newspapers from Germany