Was Urlaub auf dem Bauernhof heute bieten muss
Urlaub auf dem Bauernhof liegt immer noch im Trend. Aber die Ansprüche der Gäste steigen. Wie drei Allgäuer Betriebe mithalten wollen
Ein rustikales Bauernzimmer, im Garten ein paar Ziegen und Hasen zum Streicheln und ein Stall voller Kühe. Dazu das herrliche Panorama der Allgäuer Alpen – und fertig war der perfekte Urlaub auf dem Bauernhof. Ja, das war einmal. Beliebt ist der Urlaub auf dem Bauernhof noch immer. Sehr sogar. Gerade im Allgäu. Dort wurde erst vergangenes Jahr mit 13,4 Millionen Übernachtungen eine Spitzenmarke geknackt. Und rund die Hälfte der 2000 Übernachtungsmöglichkeiten werbe mit „Urlaub auf dem Bauernhof“, heißt es aus dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Doch Idylle allein reicht vielen Gästen dabei nicht mehr. „Sie sind anspruchsvoller und auch reiseerfahrener geworden“, sagt Angelika Soyer, Vorsitzende des Tourismusverbands „Mir Allgäuer“. Für sie ist klar: Keine andere Urlaubsform muss so viele Bedürfnisse abdecken wie Urlaub auf dem Bauernhof. „Die Tochter will Ponys reiten, der Sohn Traktor fahren, die Mama eine Massage ...“, zählt Soyer auf. Vor diesem Hintergrund trafen sich kürzlich Landwirte und Vermieter in Irsee bei Kaufbeuren zu einer Fachtagung, um darüber zu diskutieren, wie Urlaub auf dem Bauernhof künftig aussehen kann und welche Ideen es bereits gibt. Was können wir Besonderes bieten? Das haben sich auch Norbert Bechteler und Katharina Zinnecker gefragt. Wer auf ihren Hof in Kaisersmad bei Betzigau im Oberallgäu zufährt, nimmt den Bauernhof zunächst gar nicht wahr – denn zwei eierförmige Bauwerke rücken ins Blickfeld. „Das sind unsere Landeier“, erklärt Katharina Zinnecker. Die beiden Holzhäuser sind auf Stelzen gebaut – und auch die anderen Ferienwohnungen sind ungewöhnlich konstruiert: Sie schweben. „Übernachten in den Bäumen – ein Kindheitstraum“, damit wirbt Familie Bechteler. Das Konzept ihres Baumhaushotels kommt gut an: 2070 Gäste übernachteten 2018 in den Baumhäusern, 60 Prozent davon seien Familien mit Kindern, erzählt Katharina Zinnecker. Aber auch Paare kommen, um die Ruhe im Baumhaus zu genießen – und das Frühstück, das im Picknickkorb geliefert wird. Ein Haus mitten im Baumwipfel – interessieren sich die Gäste dann überhaupt noch für den Bauernhof? Ja, sagt Katharina Zinnecker. Ponyreiten komme ebenso gut an wie die Kleintiere und das Zuschauen beim Melken. „Und die Leute finden es toll, dass im Frühstückskorb frische Eier und Rohmilch sind.“Mit dem Konzept „Alles aus eigener Herstellung“versucht auch der Berghof Babel in Wald im Ostallgäu, sich abzuheben. 90 Prozent der Milch, die die 70 Kühe geben, werden in der hauseigenen Käserei verarbeitet: zu Joghurt, Butter und Käse. Und Gäste können das selbst miterleben. „Alles was man selber macht, kommt super an“, sagt Tobias Babel, der älteste Sohn der Familie. Deshalb brauen sie auch eigenes Bier. Das „Waldbräu“gibt es, natürlich, auch im eigenen OnlineShop zu kaufen. Digitalisierung und Online-Präsenz – wichtige Punkte für die Ferienhöfe. „Wir haben auch schon Blogger eingeladen, die Werbung gemacht haben“, erzählt Norbert Bechteler vom Baumhaushotel. Die Familie Babel hat neben dem Online-Shop und einer Facebook-Seite auf der Homepage des Berghofs mehrere YouTube-Videos eingebettet: Dort wird gezeigt, wie der Käse hergestellt wird, wie die Wiesen gemäht werden und fröhliche Familien Kutsche fahren. „Wir lassen gerade eine neue Homepage machen“, erzählt Susanne Guggemos. Sie betreibt mit ihrer Familie einen Ferienhof in Rückholz im Ostallgäu. Auf der Homepage wird auch die neueste Investition gezeigt: ein Hallenbad mit Sauna. „Damit hebe ich mich von den anderen Höfen in Rückholz ab“, erklärt sie. Was früher undenkbar auf einem Bauernhof war, wünschen sich heute viele Gäste. Auch Familie Babel betont, dass der Spa-Bereich im Berghof die wichtigste Investition gewesen sei. Sauna, Spa, Schwimmbad – hat das noch etwas mit Urlaub auf dem Bauernhof zu tun? Ja, sagt Tobias Babel, denn die Gäste können natürlich nach wie vor Kutsche fahren, Tiere streicheln und mithelfen. „Die sind begeistert, wenn ich denen ein paar Heugabeln in die Hände drücke und sie dann das Gras an die Kühe verteilen können“, sagt er. Denn: „Du kannst den Leuten erzählen, was du willst. Die wollen das mit eigenen Augen sehen.“Aber er räumt ein, dass kleine Aufgaben zwar möglich sind, „in den Stall kann man die Gäste aber nicht lassen“. Damit diese trotzdem einen Einblick bekommen, gibt es beim Berghof einen Schauraum: Er ist in den Stall hineingebaut, durch eine große Fensterwand können die Gäste die Kühe beobachten, während sie im Sessel sitzen und einen Kaffee trinken. „So werden die Familien aus der Stadt nicht schmutzig und stinken nicht“, erklärt Babel. Der Raum soll auch zeigen, wie der Stallalltag abläuft, um Aufklärung zu betreiben. Auch Katharina Zinnecker vom Baumhaushotel achtet darauf: „Viele, die aus der Stadt kommen, können Futter nicht von Mist unterscheiden.“
Ein Bauernhof mit Hallenbad – früher war das undenkbar