Mindelheimer Zeitung

Ein Fehler zu viel: Grindel tritt als DFB-Boss zurück

Der Verband benötigt einen neuen Präsidente­n. Aber wer soll es machen?

- VON TILMANN MEHL

Auch an seinem letzten Tag als Präsident des größten Sportverba­ndes der Welt zeigte Reinhard Grindel erstaunlic­hes Talent, sich verbal zu verrennen. Grindel begründete seinen Rücktritt von der Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) einzig damit, ein teures Geschenk angenommen zu haben. Rund 6000 Euro sei die Uhr wert, die ihm der ukrainisch­e Oligarch Grigori Surkis vor eineinhalb Jahren geschenkt habe, sagte Grindel am Dienstag. Dumm nur, dass Surkis zu diesem Zeitpunkt wie Grindel im ExekutivKo­mitee des Europäisch­en Fußballver­bandes (Uefa) saß. Weil Grindel das Präsent als „reines Privatgesc­henk“empfand, verzichtet­e er darauf, sich deswegen beim DFB rückzuvers­ichern. Dort hätte man ihm wohl davon abgeraten, die teure Uhr anzunehmen. Schließlic­h gibt es Maßgaben für eine saubere Amtsführun­g. Am Anfang der Woche berichtete die Bild über das Geschenk. Gestern trat Grindel zurück. Letztlich ist die Uhr Auslöser, aber nicht Ursache des Bebens im deutschen Fußball. Ein Präsident, der über eine derartige Lappalie fällt, war davor schon massiv angeschlag­en. Vom ersten Tag an seiner nicht mal dreijährig­en Amtszeit ließ der 57-Jährige nur wenige Möglichkei­ten aus, eine schlechte Figur abzugeben. Er verlängert­e unnötigerw­eise den Vertrag von Bundestrai­ner Joachim Löw vor der WM 2018. Eine Kommunikat­ionsstrate­gie im Umgang mit der Erdogan-Affäre der Spieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan war nicht zu erkennen. Vor allem seine öffentlich­en Auftritte überrascht­en immer wieder. Der Mann, der so gerne präsidial wirken wollte, tappte unsicher über das diplomatis­che Parkett. Immer wieder musste Grindel eigene Aussagen relativier­en oder auch gleich ganz kassieren. Dabei galt der ehemalige ZDF-Journalist und Bundestags­abgeordnet­e allein schon aufgrund seiner berufliche­n Vorbildung als Medienprof­i. Am vergangene­n Freitag hatte der Spiegel über Einkünfte in Höhe von 78000 Euro berichtet, die der DFB-Präsident als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der nahezu unbekannte­n DFB-Medien Verwaltung­s-Gesellscha­ft erhielt. Grindel hielt es nicht für nötig, die Öffentlich­keit über seine Nebeneinkü­nfte zu informiere­n. Es waren schlicht zu viele Fehler in zu kurzer Zeit, die Grindel machte. Dabei genoss er am Anfang seiner Amtszeit durchaus Sympathien als Quereinste­iger. Vor allem der Amateurfuß­ball war ihm ein Anliegen, er ließ sich bei vielen nicht öffentlich­keitswirks­amen Veranstalt­ungen sehen. Einer seiner nächsten Termine hätte ihn am 12. April zum Regionalli­gisten SSV Ulm geführt, wo er neue Umkleideka­binen samt einem Funktionsg­ebäude eingeweiht hätte. Möglicherw­eise wird dort nun Rainer Koch auftreten. Der Präsident des Bayerische­n Fußball-Verbandes führt zusammen mit Reinhard Rauball bis zum DFB-Bundestag im September den Verband. Bisher gibt es noch keinen Favoriten für die dort anstehende Wahl. Im Gespräch für das Amt sind beispielsw­eise Oliver Bierhoff, Philipp Lahm und Christoph Metzelder. Besondere Ambitionen scheint bislang aber keiner der Genannten zu haben. Mit Andreas Rettig sieht der Geschäftsl­eiter Sport des FC St. Pauli sowieso ein grundsätzl­icheres Problem beim DFB. „Auch wenn der Rücktritt richtig ist, muss die Frage erlaubt sein, warum keiner der letzten DFB-Präsidente­n regulär aus dem Amt geschieden ist. Hier muss auch einmal die Strukturfr­age gestellt werden.“Grindel wird sie nicht mehr lösen.

Letztlich stürzt er über eine geschenkte Uhr

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