Die Briten sind Europas größte Stimmungs-Verderber
Viele Unternehmer wollen auf der Hannover Messe mit Hightech punkten. Alles dreht sich aber um den drohenden Brexit. Das könnte Deutschland hart treffen
Wenn einmal ein Unwort des Jahrhunderts bestimmt wird, ist „Brexit“ein heißer Anwärter darauf. Unternehmer auf der Hannover Messe, der weltweit größten Industrieschau, sind verstärkt genervt von den englischen Dauer-Eskapaden. Eigentlich wollen sie Besuchern zeigen, wie Automatisierung und Digitalisierung verschweißt werden, ja wie sie ihren Maschinen beibringen lassen, zunehmend selbst zu lernen. Denn alle Informationen fließen in eine Datenwolke und werden dort dank immenser Rechenleistung ausgewertet. Mit künstlicher Intelligenz kann die Produktion bei Ausfall einer Maschine schnell umgesteuert werden, sodass sich der Schaden in Grenzen hält. Eine revolutionäre Entwicklung, die auch von deutschen Unternehmen wie etwa Bosch Rexroth angetrieben
wird. Fabriken werden immer schlauer. Und kleine Kuka-Roboter, die so beweglich wie ein Arm wirken, können mit dem Menschen eng zusammenarbeiten, ohne ihn zu verletzen. Auch so eine Sensation, über die Unternehmer gerne erzählen würden. Doch die Briten verderben ihnen auch in Hannover nachhaltig die an sich gute Laune. Wo immer ein Unternehmer in ein Mikrofon spricht, wird er meist gefragt, wie schwer ihn nun ein harter Brexit treffen könnte. Wahrscheinlich wissen die Stimmungstöter in London in ihrer autistisch-egoistisch anmutenden Selbstbezogenheit nicht, was sie im Rest Europas anrichten. Selbst als den Briten und ihrem an sich guten Humor zugetaner Mensch muss man sich für die Dauer-ComedyShow einfach fremdschämen. Kommt es zum harten Brexit, stürzen sich die Engländer wohl nicht nur selbst in eine Rezession. Auch Deutschland droht ein solcher Einbruch, wie Ifo-Chef Clemens Fuest warnt. So rechnet der Bundesverband der Deutschen Industrie vor, das Wachstum könnte bei einem ungeordneten Austritt von ursprünglich angenommenen 1,2 auf mickrige 0,7 Prozent zurückgehen. Damit toppen die Dauer-Abstimmer in London sogar einen Mann, dessen Zweitname „Chaos“ist. Sie haben das Kunststück fertiggebracht, die Drohungen des US-Präsidenten Donald Trump, 25 Prozent Zoll auf Autoimporte aus Europa zu erheben, in den Hintergrund zu drängen. Dabei könnte Deutschland doch noch knapp einer Rezession entgehen. Das hätten wir dann aber neben einer robusten Binnenkonjunktur vor allem den Chinesen zu verdanken, die angesichts einer zum Teil außer Rand und Band geratenen westlich-kapitalistischen Welt sich in der Not immer mehr zum Verbündeten unserer Volkswirtschaft entwickeln. Wenn uns jahrzehntelange Partner wie Großbritannien und die USA auf bizarre Weise den ökonomischen Stinkefinger zeigen, werden die Asiaten wertvoller denn je. Denn die kommunistischkapitalistischen Regierungs-Männer steuern einer Konjunkturabkühlung entgegen, indem sie Mehrwertsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen senken. Auch die Geldpolitik wurde deutlich gelockert. Im Gegensatz zur Europäischen Zentralbank haben die Chinesen ihr Pulver hier noch nicht verschossen. In Hannover sind sie gern gesehene Gäste. Ob die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abgleitet, entscheidet sich also auf den Weltmärkten. Doch selbst wenn das passiert, werden viele Firmen an ihren Stamm-Mitarbeitern festhalten. Der nächste Aufschwung kommt bestimmt – und dann gehören Unternehmer zu den Gewinnern, die im Besitz der wertvollsten „Ware“sind, die es derzeit gibt: Facharbeiter, Ingenieure und Software-Entwickler. Der chronische Facharbeitermangel bereitet vielen Betriebsinhabern übrigens noch größere Sorgen als der drohende Brexit.
Chinesen könnten das Schlimmste verhindern