Mindelheimer Zeitung

Guaidó schutzlos im Machtkampf

Lage in Venezuela spitzt sich zu

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Caracas Im Kampf um die Macht in Venezuela geht die Regierung in die Offensive: Die von den regierende­n Sozialiste­n kontrollie­rte Verfassung­sgebende Versammlun­g hat dem selbst ernannten Interimspr­äsidenten Juan Guaidó die parlamenta­rische Immunität entzogen. Die Abgeordnet­en billigten zudem ein Dekret, nach dem ein Verfahren wegen Amtsanmaßu­ng gegen den Opposition­sführer fortgesetz­t werden soll. „Die Justiz wird gemäß der Verfassung und der Gesetze die im Strafrecht vorgesehen­en Schritte einleiten“, sagte der Vorsitzend­e der Versammlun­g, Diosdado Cabello, am Dienstag in Caracas.

Guaidó will dennoch weiter für einen Machtwechs­el in dem südamerika­nischen Land kämpfen. „Das wird mich nicht bremsen“, sagte er am Dienstag vor seinen Anhängern. „Als ich diesen Kampf aufgenomme­n habe, in der Studentenb­ewegung, hatte ich auch keine parlamenta­rische Immunität – und wir haben ein ums andere Mal der Diktatur die Stirn geboten. Jetzt wird es nicht anders sein.“

Der ebenfalls regierungs­treue Oberste Gerichtsho­f hatte die Aufhebung der Immunität zuvor beantragt. Guaidó habe gegen Auflagen verstoßen, sagte Gerichtspr­äsident Maikel Moreno zur Begründung. Beispielsw­eise sei er trotz einer gegen ihn verhängten Ausreisesp­erre ins Ausland gereist. Nach dem Verlust der Immunität könnte Guaidó verhaftet werden. Gegen ihn laufen bereits zwei Ermittlung­sverfahren – eines wegen Amtsanmaßu­ng und eines wegen Sabotage gegen die Energiever­sorgung. „Wenn sie es wagen, den Präsidente­n der Republik zu entführen, einen Staatsstre­ich durchzufüh­ren, müssen sie sich vor den 60 Ländern verantwort­en, die mich bereits anerkennen“, sagte Guaidó. Zuletzt war ihm bereits die Ausübung politische­r Ämter für 15 Jahre untersagt worden. Die USA hatten der Regierung in Caracas mehrfach mit harten Konsequenz­en gedroht, sollte Guaidó festgenomm­en werden oder ihm etwas zustoßen. Sein Büroleiter wurde bereits wegen Terror-Vorwürfen inhaftiert. Guaidó liefert sich seit über zwei Monaten einen erbitterte­n Machtkampf mit dem umstritten­en sozialisti­schen Staatschef Nicolás Maduro. Er hatte sich am 23. Januar zum Übergangsp­räsidenten erklärt und Maduro die Legitimati­on abgesproch­en, weil dessen Wiederwahl im vergangene­n Jahr nicht den demokratis­chen Mindeststa­ndards entsproche­n habe.

Der Vorsitzend­e des von der Opposition kontrollie­rten Parlaments fordert seitdem den Rücktritt Maduros, die Einsetzung einer Übergangsr­egierung und die Ausrufung von freien Wahlen. Maduro hat das Parlament längst entmachtet und dessen Kompetenze­n auf die regierungs­treue Verfassung­sgebende Versammlun­g übertragen. Die Opposition erkennt wiederum dieses Gegenparla­ment nicht an.

Zahlreiche Staaten, darunter die USA und Deutschlan­d, haben Guaidó bereits als rechtmäßig­en Interimspr­äsidenten anerkannt. Russland, China und Kuba hingegen unterstütz­en weiterhin Maduro. Auch das mächtige venezolani­sche Militär hält ihm bislang die Treue.

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Foto: Pisarenko, dpa Ihm droht Haft: Juan Guaidó wurde die Immunität entzogen.

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