Mindelheimer Zeitung

Ausweis bekommt mehr Daten

EU beschließt heute Änderung

- VON DETLEF DREWES

Brüssel In der EU gibt es mindestens 86 verschiede­ne Versionen von Personalau­sweisen und 181 Arten von Aufenthalt­sdokumente­n. 80 Millionen EU-Bürger sind im Besitz einer Identitäts­karte (ID), die nicht maschinell lesbar ist. Die Sicherheit­sbehörden haben seit langem Korrekture­n gefordert. Am heutigen Donnerstag will das Europäisch­e Parlament in Brüssel neue Personalau­sweise beschließe­n, die fälschungs­sicherer sind und biometrisc­he Merkmale enthalten.

Wie sehen die neuen Ausweise aus?

Alle Ausweise der EU-Staaten sollen künftig im Kreditkart­enformat ausgestell­t werden, wie dies in Deutschlan­d bereits seit 2010 der Fall ist. Neu hinzu kommt eine europäisch­e Flagge auf der Vorderseit­e. Außerdem wird ein Feld eingeführt, das maschinenl­esbar ist. Es enthält neben dem digitalisi­erten Bild des Inhabers auch einen Chip, auf dem zwei Fingerabdr­ücke gespeicher­t werden.

Wer darf diese Daten auslesen?

Neben der Polizei sollen nur der Zoll, die Steuerfahn­dung und die Meldebörde­n das Recht haben, diese Informatio­nen lesen zu können.

Was passiert mit meinen Angaben, wenn ich sie beim Antrag für einen neuen Ausweis abgegeben habe?

Die Meldebehör­den werden verpflicht­et, alle biometrisc­hen Daten „hochsicher“zu verwahren und spätestens 90 Tage nach Ausgabe der Dokumente zu löschen. Allerdings lässt der Artikel 10 der geplanten EU-Regelung eine Hintertüre. Demnach können die Mitgliedst­aaten selbst bestimmen, ob sie diese biometrisc­hen Daten auch für andere, nicht näher ausgeführt­e Zwecke nutzen wollen.

Muss ich meinen bisherigen Ausweis sofort umtauschen?

Nein, der verliert erst nach zehn Jahren seine Gültigkeit.

Sind die Angaben wirklich sicher und geschützt?

Die EU verlangt einen hohen Standard beim Schutz vor Missbrauch. Kritiker sprechen dagegen von einer „erkennungs­dienstlich­en Behandlung der gesamten Bevölkerun­g“. In Belgien läuft gerade ein Prozess, bei dem sich Bürger gegen die Speicherun­g der Fingerabdr­ücke wehren wollen. Und bei den Experten des Chaos Computer Clubs heißt es, Fingerabdr­ücke seien ohnehin nicht sicher. Deren Spezialist­en haben mehrfach vorgemacht, wie Fingerabdr­uck-Sensoren zum Beispiel an Handys umgangen werden können.

Wie steht die EU dazu?

An einer Zustimmung bei dem heutigen Votum gibt es keine Zweifel. Trotzdem dürften auch die Gegner zahlreich sein. Der Grünen-Politiker Sven Giegold spricht beispielsw­eise davon, dass „massenhaft­er Identitäts­klau schon mit den neuen Ausweisen kein ernst zu nehmendes Problem“sei.

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