Mindelheimer Zeitung

Bestseller-Reich Zamonien

Phänomen Walter Moers ist das Phantom der deutschen Literatur – und ein Serien-Knüller. Mit wilden Märchen wie jetzt „Der Bücherdrac­he“

- VON WOLFGANG SCHÜTZ

Muss man noch sagen, dass das neue Buch sofort wieder in der Spitze der Bestseller­listen steht? Wie jedes andere auch der Serie! Aber nein: Es handelt sich hier nicht um eine der dort sonst anzutreffe­nden Star-Reihen in Thriller, Regional-Krimi und Fantasy. Sondern vielleicht um so was wie eine Mischung aus alldem. Es sind durchaus düstere, mörderisch­e Dramen aus stets ein und derselben erfundenen Region. Und der Starautor ist seit vielen Jahren aus der Öffentlich­keit verschwund­en, ein Phantom. Die letzten Fotos von ihm sind jetzt 25 Jahre alt…

Klingt abenteuerl­ich? Ja – das ist es auch! Und Abertausen­de lieben es genau deshalb: Zamonien. 20 Jahre ist es her, dass der zuvor schon mit „Das kleine Arschloch“erfolgreic­he Autor und Zeichner Walter Moers die Reisen in dieses Fantasiere­ich begonnen hat. Unter dem Titel „Die 131/2 Leben des Käpt’n Blaubär“bezeichnet­e er sich erstmals als Übersetzer des dortigen Autors Hildegunst von Mythenmetz – der Stoff ist nach früher Verfilmung kürzlich auch zum Musical geworden.

Und nach sieben weiteren Bestseller­n von „Ensel und Krete“über „Der Schrecksen­meister“bis zuletzt „Weihnachte­n auf der Lindwurmfe­ste“(in der Heimat von Hildegunst also), nach kongeniale­n HörMoers büchern, mit eigener Homepage, auf der die vielen Anspielung­en in Moers’ Schöpfunge­n diskutiert werden: Jetzt gibt es schon wieder einen neuen Publikumsl­iebling.

Aber nein, es ist wieder nicht der lange erwartete dritte Teil der vielleicht tollsten, jedenfalls zentralen Zamonien-Erzählung, begonnen vor 15 Jahren: „Die Stadt der träumenden Bücher“. Aber es ist mit „Der Bücherdrac­he“wieder eine Reise in die Katakomben unter der Bücherstad­t Buchhaim. Anders als noch in „Prinzessin Insomnia & der alptraumfa­rbene Nachtmahr“hat wieder selbst gezeichnet, wie Hildegunst in einem Traum im Traum im Traum die Geschichte seines Buchlings erfährt. Für NichtZamon­ier: Buchlinge sind in dieser Welt kleine Wesen, von denen jedes einen Autor hat, dessen Werk es inund auswendig zu kennen hat.

Hildegunst­s Buchling aber hat darüber hinaus etwas zu erzählen: Von der Begegnung mit einem Drachen nämlich, gefährlich­er noch als die Spinxxxe, mächtiger noch als der Schattenkö­nig. Der schuppige Riese hatte sich einst in den Katakomben verborgen, ist dort mit Büchern, viel besser noch als die des Ojahnn Golgo van Fontheweg, quasi verschmolz­en, ist quasi reines Orm geworden, was natürlich die Bücherjäge­r sehr interessie­rte…

Klingt abenteuerl­ich? Ja – das ist es auch! Eingeweiht­e haben den Goethe im Satz zuvor entziffert und sind mit diesen Anspielung­en eh bereits in Vorfreude auf eine Rückkehr nach Zamonien versetzt. Allen anderen lesevernar­rten Abenteurer­n, die noch keine Ahnung vom Orm haben, das literarisc­hes Genie verleiht, sei die Reise dorthin nahegelegt. „Der Bücherdrac­he“ist aber nicht zum Einstieg geeignet. Dafür bleibt am besten: „Die Stadt der träumenden Bücher“. Viel Spaß!

» Walter Moers: Der Bücherdrac­he. Penguin, 192 S., 20 ¤

 ??  ?? Der große zamonische Autor, den Walter Moers natürlich eigentlich nur übersetzt: Das ist Hildegunst von Mythenmetz.
Der große zamonische Autor, den Walter Moers natürlich eigentlich nur übersetzt: Das ist Hildegunst von Mythenmetz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany