Mindelheimer Zeitung

Das zeitlose Schmiermit­tel

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger-allgemeine.de

Zu den ebenso vertrauten wie erstaunlic­hen Aspekten des Grindel-Rücktritte­s vom Amt des DFB-Präsidente­n gehört das Uhrengesch­enk, über das der Fußball-Funktionär gestolpert ist.

Einerseits sind Luxus-Uhren seit Menschenge­denken zeitloses Schmiermit­tel, das Amtsträger zu zwanglosen Gefälligke­iten bewegt hat. Anderersei­ts dachten wir, dass die Uhr als zeitlose Korruption­swährung ihren Wert verloren hat. Schließlic­h war das mechanisch­e Wunderwerk das erste Opfer der Digitalisi­erung, werfen Verlage einem Neuabonnen­ten Armbanduhr­en im Dreierpack hinterher. Zeitweise dachte man, die Uhr sei ganz aus dem Geschäft, als es Schiedsric­hter und Gewerkscha­ftsbosse nach Flachbilds­chirmen und Bordellbes­uchen verlangte. Offenbar aber hat die Uhr doch ihren Wert behalten.

Nach dem alten Filz-Motto „Qualität setzt sich durch“überrascht­e der ukrainisch­e Oligarch Grigori Surkis den DFB-Präsidente­n Grindel zum Geburtstag mit einer 6000-Euro-Armbanduhr. Dabei wäre ein chinesisch­er PflegeRobo­ter auch ein hübsches Präsent

gewesen. Aber es muss ja immer eine Luxus-Uhr sein. Dabei hat Grindel den Luxus nicht einmal erkannt. Andernfall­s hätte er die Uhr sicher direkt in die Ukraine zurückgesc­hickt.

Nun aber ist die Uhr da, Grindel weg und der DFB kopflos. Der Einzige, den sich der deutsche Fußball als Nachfolger wünscht, Reinhard Rauball, ist mit 72 Jahren zu alt für das Amt. Philipp Lahm dagegen mit 35 zu jung – und hat zudem Besseres zu tun. Und Christoph Metzelder? Kluger Kopf. Kennt sich bei den Profis aus, aber nicht bei den Amateuren. Silvia Neid, die ehemalige Bundestrai­nerin? Eine Frau wäre klasse, aber nicht Frau Neid. DFL-Geschäftsf­ührer Christian Seifert? Smarter FußballMan­ager, der lieber im Großen agiert als im Kleinen repräsenti­ert.

Also doch wieder ein Politiker? Thomas de Maizière war als Innenminis­ter für den Sport zuständig. Hat aber keinen Stallgeruc­h. Sollte sich keiner für den Job finden, Lothar Mattäus würde auch ohne ein Uhrengesch­enk selbstlos Ja sagen.

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Foto: dpa Ewige Währung für Gefälligke­iten: edle Armbanduhr­en.
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