Weniger Druck, mehr Spaß
Fußball Die jüngsten bayerischen Kicker sollen zukünftig nach neuen Regeln spielen
Augsburg Per E-Mail wurden die bayerischen Fußballvereine vergangene Woche vom Verband informiert, dass sich im Jugendfußball Grundlegendes ändern soll. „Wir müssen etwas tun, vieles in der Ausbildung passt nicht mehr“, begründet Florian Weißmann, oberster Jugendleiter im Bayerischen Fußball-Verband (BFV), die Reform, die sogenannte Kleinfeldmannschaften betrifft (E-, F- und G-Junioren).
Von den U9-Junioren abwärts wird der Torhüter aufgelöst, alle Kinder sollen im Feld spielen – und das ohnehin verkleinerte Tor (5 x 2 Meter) schrumpft auf Minigröße (1,2 x 0,8 Meter). Bei den U10-Junioren soll es zwar einen Keeper geben, der dann im Handballtor (3 x 2 Meter) steht. Allerdings nur für eine Partie, bei der nächsten muss ein anderer zwischen die Pfosten. Rotation ist ohnehin das oberste Prinzip der Reform, denn es sollen möglichst alle Kinder auf allen Positionen zum Einsatz kommen, eine zu frühe Spezialisierung soll vermieden werden – und dass immer nur die gleichen, meist besseren oder körperlich weiter entwickelten Spieler eingesetzt werden. Daher werden die Teams verkleinert, es sollen drei gegen drei oder später fünf gegen fünf spielen – und das auf mehreren kleinen Spielfeldern nebeneinander. Sodass eben alle spielen, möglichst viele Ballkontakte haben und eine universelle Ausbildung erhalten. Auch die späteren Keeper. Wo zuvor einmal sieben gegen sieben gekickt wurde, finden nun mindestens zwei Partien nebeneinander statt.
Das soll bei den kleinsten Kickern ohnehin keine Rolle spielen, Spielpläne werden schon jetzt in vielen Fällen so gestaltet, dass gar keine Abschlusstabelle möglich ist. Dem Wettbewerbsdruck, der oftmals von Trainern oder Eltern über eine komplette Saison hinweg erzeugt wird, soll damit Einhalt geboten werden. Künftig sollen G- und F-Junioren vor allem Turniertage ohne geregelten Ligabetrieb veranstalten.
Jungen und Mädchen unter zehn Jahren sind zu mehr als 70 Prozent im Vereinssport organisiert. Fußball ist dabei nach wie vor die Sportart Nummer eins in Deutschland und zieht die meisten Kinder an. Doch während etwa bei der E-Jugend noch rund 38000 Kinder im Verein am Ball sind, bleiben beim ältesten Nachwuchs-Jahrgang in der U19 nur noch etwas mehr als die Hälfte übrig. Als Gründe hat der BFV ausgemacht, dass viele Kinder und Jugendliche im Laufe der Zeit den Spaß verlieren – und dass fehlende Einsatzzeiten in jüngeren Jahren ein Hauptgrund dafür sind. Das soll sich durch die neuen Spielformen verbessern. Gleichzeitig sollen sich Talente durch mehr Ballkontakte und Zweikämpfe besser entwickeln, das in der Ausbildung vernachlässigte Dribbling soll gefördert werden. Nach dem Vorbild von Leroy Sané sollen möglichst viele Kicker das Tempodribbling beherrschen. Die Klubs müssen in der Regel die neuen Tore anschaffen. Über den eigenen Kooperationspartner bietet der BFV bis 13. April zwei Minitore zum Preis von 89 Euro an, anschließend kosten diese 119 Euro. Da nach dem Konzept zwei oder drei Spiele gleichzeitig stattfinden sollen, müssen also mehr als zwei Tore angeschafft werden. Weil sich zudem die Ballgröße verändert, muss auch hier investiert werden. Verbandsjugendleiter Weißmann sieht dies als Investition in die Zukunft und liegt auf einer Linie mit seinem Präsidenten Rainer Koch, der seit Jahren fordert, dass die Vereine ihre Mitgliedsbeiträge deutlich erhöhen sollen. „Man muss die Eltern da mehr einbinden. Wenn ich nur einen Jahresbeitrag von 60 Euro für meinen Sportverein zahlen muss, kann ich auch kein perfektes Training erwarten“, erklärt etwa Weißmann.
In Österreich und der Schweiz gibt es diese Spielform schon länger und ist dort als „FUNino“bekannt. Weil Kinder zwischen acht und zwölf Jahren im besten Lernalter sind, gilt dort die Spielform mit kleinen Teams als ideal. Auch die Kostenfrage ist dort einfacher gelöst, denn es müssen nicht zwingend Minitore sein. Hütchen oder Stangen, die ohnehin für den Trainingsalltag vorhanden sind, tun es als Ersatz auch.
Zur neuen Saison, also zum 1. Juli, soll die Umstellung erfolgen. Der BFV hat dafür extra eine neue Richtlinie für den Minifußball erstellt. Sollte sich die Mehrheit der Vereine noch gegen die neue Form aussprechen, kann die Umsetzung in den Fußballkreisen auch verschoben werden. Doch Weißmann und seine Jugendfunktionäre wollen die Basis von ihrem Konzept überzeugen und dies möglichst flächendeckend bereits diesen Sommer umsetzen.