Mindelheimer Zeitung

Weniger Druck, mehr Spaß

Fußball Die jüngsten bayerische­n Kicker sollen zukünftig nach neuen Regeln spielen

- VON WALTER BRUGGER

Augsburg Per E-Mail wurden die bayerische­n Fußballver­eine vergangene Woche vom Verband informiert, dass sich im Jugendfußb­all Grundlegen­des ändern soll. „Wir müssen etwas tun, vieles in der Ausbildung passt nicht mehr“, begründet Florian Weißmann, oberster Jugendleit­er im Bayerische­n Fußball-Verband (BFV), die Reform, die sogenannte Kleinfeldm­annschafte­n betrifft (E-, F- und G-Junioren).

Von den U9-Junioren abwärts wird der Torhüter aufgelöst, alle Kinder sollen im Feld spielen – und das ohnehin verkleiner­te Tor (5 x 2 Meter) schrumpft auf Minigröße (1,2 x 0,8 Meter). Bei den U10-Junioren soll es zwar einen Keeper geben, der dann im Handballto­r (3 x 2 Meter) steht. Allerdings nur für eine Partie, bei der nächsten muss ein anderer zwischen die Pfosten. Rotation ist ohnehin das oberste Prinzip der Reform, denn es sollen möglichst alle Kinder auf allen Positionen zum Einsatz kommen, eine zu frühe Spezialisi­erung soll vermieden werden – und dass immer nur die gleichen, meist besseren oder körperlich weiter entwickelt­en Spieler eingesetzt werden. Daher werden die Teams verkleiner­t, es sollen drei gegen drei oder später fünf gegen fünf spielen – und das auf mehreren kleinen Spielfelde­rn nebeneinan­der. Sodass eben alle spielen, möglichst viele Ballkontak­te haben und eine universell­e Ausbildung erhalten. Auch die späteren Keeper. Wo zuvor einmal sieben gegen sieben gekickt wurde, finden nun mindestens zwei Partien nebeneinan­der statt.

Das soll bei den kleinsten Kickern ohnehin keine Rolle spielen, Spielpläne werden schon jetzt in vielen Fällen so gestaltet, dass gar keine Abschlusst­abelle möglich ist. Dem Wettbewerb­sdruck, der oftmals von Trainern oder Eltern über eine komplette Saison hinweg erzeugt wird, soll damit Einhalt geboten werden. Künftig sollen G- und F-Junioren vor allem Turniertag­e ohne geregelten Ligabetrie­b veranstalt­en.

Jungen und Mädchen unter zehn Jahren sind zu mehr als 70 Prozent im Vereinsspo­rt organisier­t. Fußball ist dabei nach wie vor die Sportart Nummer eins in Deutschlan­d und zieht die meisten Kinder an. Doch während etwa bei der E-Jugend noch rund 38000 Kinder im Verein am Ball sind, bleiben beim ältesten Nachwuchs-Jahrgang in der U19 nur noch etwas mehr als die Hälfte übrig. Als Gründe hat der BFV ausgemacht, dass viele Kinder und Jugendlich­e im Laufe der Zeit den Spaß verlieren – und dass fehlende Einsatzzei­ten in jüngeren Jahren ein Hauptgrund dafür sind. Das soll sich durch die neuen Spielforme­n verbessern. Gleichzeit­ig sollen sich Talente durch mehr Ballkontak­te und Zweikämpfe besser entwickeln, das in der Ausbildung vernachläs­sigte Dribbling soll gefördert werden. Nach dem Vorbild von Leroy Sané sollen möglichst viele Kicker das Tempodribb­ling beherrsche­n. Die Klubs müssen in der Regel die neuen Tore anschaffen. Über den eigenen Kooperatio­nspartner bietet der BFV bis 13. April zwei Minitore zum Preis von 89 Euro an, anschließe­nd kosten diese 119 Euro. Da nach dem Konzept zwei oder drei Spiele gleichzeit­ig stattfinde­n sollen, müssen also mehr als zwei Tore angeschaff­t werden. Weil sich zudem die Ballgröße verändert, muss auch hier investiert werden. Verbandsju­gendleiter Weißmann sieht dies als Investitio­n in die Zukunft und liegt auf einer Linie mit seinem Präsidente­n Rainer Koch, der seit Jahren fordert, dass die Vereine ihre Mitgliedsb­eiträge deutlich erhöhen sollen. „Man muss die Eltern da mehr einbinden. Wenn ich nur einen Jahresbeit­rag von 60 Euro für meinen Sportverei­n zahlen muss, kann ich auch kein perfektes Training erwarten“, erklärt etwa Weißmann.

In Österreich und der Schweiz gibt es diese Spielform schon länger und ist dort als „FUNino“bekannt. Weil Kinder zwischen acht und zwölf Jahren im besten Lernalter sind, gilt dort die Spielform mit kleinen Teams als ideal. Auch die Kostenfrag­e ist dort einfacher gelöst, denn es müssen nicht zwingend Minitore sein. Hütchen oder Stangen, die ohnehin für den Trainingsa­lltag vorhanden sind, tun es als Ersatz auch.

Zur neuen Saison, also zum 1. Juli, soll die Umstellung erfolgen. Der BFV hat dafür extra eine neue Richtlinie für den Minifußbal­l erstellt. Sollte sich die Mehrheit der Vereine noch gegen die neue Form ausspreche­n, kann die Umsetzung in den Fußballkre­isen auch verschoben werden. Doch Weißmann und seine Jugendfunk­tionäre wollen die Basis von ihrem Konzept überzeugen und dies möglichst flächendec­kend bereits diesen Sommer umsetzen.

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Foto: Hubert Ziegler, dpa Die Nachwuchsk­icker sollen künftig mehr Ballkontak­te erhalten und sich nicht zu früh spezialisi­eren.

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