Trautmanns Vertrauter
Erinnerungen Aktuell läuft der Film über die deutsche Torwart-Legende Bert Trautmann in den Kinos. Einer, der ihn persönlich kennengelernt hat, ist der Kaufbeurer Rudi Schnippe
Kaufbeuren An das erste Treffen mit Bert Trautmann erinnert sich Rudi Schnippe ziemlich gut. Im Klub des damaligen Zweitligisten SC Preußen Münster standen sich Trainernovize Schnippe und die Torhüter-Legende Trautmann gegenüber. Der damals 25-jährige Schnippe sollte Trautmanns Co-Trainer werden. „Ich wurde ihm vorgestellt und wir hatten eigentlich sofort ein kameradschaftliches Verhältnis“, erzählt Schnippe von der Begegnung im Sommer 1968.
Ein Jahr zuvor hatte Trautmann das Traineramt in Münster übernommen. Es war die erste Trainerstation des gebürtigen Bremers in Deutschland. Nach der Kriegsgefangenschaft begann Trautmanns Torwart-Karriere in England. Legendär wurde sein Auftritt im Pokalfinale 1956. Nach einem Zusammenprall erlitt der Torhüter einen Genickbruch und renkte sich fünf Halswirbel aus. Dennoch spielte er weiter und gewann mit Manchester City den Pokal. Nach seinem Karriereende und zwei Jahren als Trainer bei Stockport County landete Trautmann, über dessen Leben vorige Woche auch ein Kinofilm erschien, wieder in Deutschland.
Dementsprechend groß war 1967 der Medienrummel in Münster. Schnippe, der Sprecher des Beirats bei der SpVgg Kaufbeuren ist, hat die Schlagzeilen noch im Kopf. „Fußball-Deutschland holt verlorenen Sohn zurück“– so titelten die Zeitungen. Als Co-Trainer durfte Schnippe schon bald selber die Trainingseinheiten leiten – für damalige Verhältnisse ungewöhnlich. „Bert Trautmann war ein bescheidener Typ. Ihm waren Tugenden wie Disziplin, Fairplay und Ehrlichkeit wichtig“, sagt Schnippe. Der Zweite Weltkrieg und die Kriegsgefangenschaft hätten bei ihm tiefe Spuren hinterlassen. „Der Fußball hat ihn abgelenkt. Ansonsten zog er sich eher zurück, auch gegenüber den Medien“, erzählt Schnippe. Zwischen ihm und Trautmann habe dagegen „fast ein Vater-Sohn-Verhältnis“geherrscht. „Für mich war er eine Respektsperson. Er war sehr hilfsbereit und zu Beginn meiner Trainertätigkeit ein guter Lehrmeister“, sagt Schnippe.
Doch die Wege der beiden sollten sich schnell wieder trennen. Nachdem schon in Trautmanns erster Saison der angestrebte BundesligaAufstieg verpasst wurde, trennte sich Preußen Münster im September 1968 von Trautmann. „Der Präsident hat mich gefragt, ob ich mir den Posten zutraue“, berichtet Schnippe. Nach einem Tag Bedenkzeit sagte der heute 76-Jährige zu. Trautmann habe ihm auch dazu geweitere raten. „Er hat mir gesagt: Wenn du den Job angeboten bekommst, dann mach es. Du bist jung, gut ausgebildet – du schaffst es“, sagt Schnippe. Von seiner Freistellung sei Trautmann gekränkt gewesen. In England hätte man das nicht mit mir gemacht, soll er gesagt haben.
Der Weg der Torwart-Legende führte anschließen nach Rüsselsheim, danach war Trautmann in Burma, Liberia und Pakistan tätig. Der Kontakt zu seinem ehemaligen Co-Trainer brach ab, 2013 starb Trautmann in Spanien. Schnippe war bis Ende Dezember 1968 Trainer bei Preußen Münster. 1978 verschlug es ihn ins Allgäu, wo er als Trainer beim FC Kempten, der SpVgg Kaufbeuren und dem SVO Germaringen tätig war. „Über die Trainerbörse des DFB bin ich ins Allgäu gekommen“, sagt Schnippe, der sich zuvor vom Profi-Geschäft verabschiedet und wieder als Bankkaufmann gearbeitet hatte – nicht zuletzt wegen seiner Familie.