Mia san wuid
Niko Kovac findet keinerlei Gefallen an dem Spektakel-auftritt der Bayern. Seine Spieler geloben Besserung – aber das hat nicht allzu viel zu bedeuten
Nach dem Spiel war die Hierarchie schnell wiederhergestellt. Marc Schnatterer setzte gerade in den Katakomben an, die Fragen der Journalisten zu beantworten, als Niklas Süle um die Ecke bog. Schnatterer stand plötzlich allein da. Ausführungen eines Bayern-spielers interessieren auch dann noch mehr, wenn er nur von seiner Morgendusche erzählt.
Dabei hatte Schnatterer mehr zu berichten als Süle. Der Heidenheimer Kapitän stand immerhin 66 Minuten auf dem Spielfeld, während der Arbeitstag des Münchner Verteidigers bereits früh in der ersten Halbzeit beendet war. Süles Grätsche gegen Robert Andrich war es zwar zu verdanken, dass die Partie im Pokal-viertelfinale zu einer der unterhaltsamsten der jüngeren Vergangenheit wurde – für fußballerisches Feinwerk sorgte aber der Heidenheimer Kapitän. Nachdem Süle des Feldes verwiesen wurde, schoss Schnatterer erst einen Freistoß an die Latte, ehe er das 1:1 vorbereitete und selbst erzielte.
Die Kräfteverhältnisse hatten sich auf dem Platz rasch verändert. Es war nicht das letzte Mal an diesem denkwürdigen Abend. Am meisten ärgerte sich Bayern-trainer Niko Kovac darüber, dass sein Team den Zweitligisten nach einer 4:2-Führung nochmals in die Partie zurückkehren ließen. „Bei allem Respekt vor Heidenheim: Aber da ist es egal, ob man in Gleichzahl, Unterzahl oder Überzahl spielt – das muss man souverän beenden.“Seine Mannschaft aber war Hauptdarsteller einer Partie, die Kovac als „wildes, offenes Spiel“zusammenfasste. In diesem Charakterfach mag er seine Spieler aber nur ungern sehen.
Dass die Münchner in Unterzahl vier Tore gegen die Heidenheimer erzielten, lässt immerhin auf intakte Moral und hohe individuelle Klasse schließen. Dass sie aber vier Gegentreffer kassierten, ist für das kommende Spiel aus bajuwarischer Sicht kein allzu gutes Indiz. Schließlich wartet dann mit Borussia Dortmund der Tabellenführer der Bundesliga,
das
2:1
kurz
darauf und der versteht es noch besser als der Sechste der zweiten Liga, defensive Schwächen auszunutzen.
Man werde besprechen, was da schiefgelaufen ist „und dann die gleichen Fehler nicht noch mal machen“. Großes Spieler-ehrenwort von Leon Goretzka. Allerdings haben die Münchner in dieser Spielzeit schon mehrmals bewiesen, dass sie aus Schaden nicht zwingend schlau werden. Die Lehren aus den unnötigen Punktverlusten gegen Düsseldorf oder Augsburg scheinen in Vergessenheit geraten zu sein.
Auch deswegen war Frank Schmidt „unendlich traurig und stolz“. Ob sich den von ihm trainierten Heidenheimern nochmals die Chance eröffnet, die Münchner zu schlagen, ist ungewiss. Die Leistung am Mittwochabend lässt aber darauf schließen, dass die Heidenheimer noch in den Aufstiegskampf eingreifen können. Am Sonntag steht mit dem Spiel gegen den Spitzenreiter aus Köln eine wegweisende Partie an. Immerhin diese Parallelen zu den Münchnern gibt es.
Wie groß der Unterschied dann aber eben doch ist, bewies jene Szene nach Spielschluss, als Süle den Schwarm Reporter von Schnatterer absog. Schnatterer nahm es gelassen, zuckte mit den Schultern und hörte dem Münchner zu. „Ich wäre lieber etwas geschaffter“, spielte der auf seine frühe Rote Karte an. Am Samstag wird sein Arbeitstag wohl anstrengender. Sollten die Münchner überdies das Finale des Pokal– Wettbewerbs erreichen, wäre Süle wieder spielberechtigt. Er wurde nur für eine Partie gesperrt.
Bayern München Ulreich – Kimmich, Süle, Hummels, Rafinha (46. Coman) – Thiago – Gnabry, James Rodríguez (46. Lewandowski), Goretzka, F. Ribéry (24. Boateng) – Müller Heidenheim Ke. Müller – Busch, Mainka, Beermann, Theuerkauf (73. Thomalla) – Dorsch (52. Feick), Griesbeck, Andrich – Schnatterer (66. Multhaup), Dovedan – Glatzel Rote Karte: Süle (16.) Tore 1:0 Goretzka (12.), 1:1 Glatzel (27.), 1:2 Schnatterer (39.), 2:2 Müller (53.), 3:2 Lewandowski (56.), 4:2 Gnabry (65.), 4:3 Glatzel (74.), 4:4 Glatzel (77./Foulelfmeter), 5:4 Lewandowski (84./Handelfmeter) Zuschauer 75 000 (ausverkauft) Schiedsrichter Guido Winkmann (Kerken)