Mindelheimer Zeitung

Spielen bis das Parkhaus schließt

Die erste Play-off-partie zwischen München und Augsburg endet acht Minuten vor Mitternach­t mit 2:1 für die Gastgeber. Gut, dass am Sonntag schon nachmittag­s gespielt wird

- VON MILAN SAKO

München Wer in der BMW-WELT gleich gegenüber der Olympia-eishalle sein Auto geparkt hatte, der hatte die Rechnung ohne den Playoff-modus im Eishockey gemacht. In den K.-o.-spielen gibt es kein Penaltysch­ießen. Beide Kontrahent­en beharken sich so lange, bis einer Mannschaft ein Tor gelingt. Und deshalb schallte nach der zweiten Verlängeru­ng zwischen dem EHC Red Bull München und den Augsburger Panthern die Ansage durch die Eishalle, man möge doch bitte seinen Wagen holen, sofern er in der BMW-WELT geparkt ist. Denn die Garage schließt um Mitternach­t. So lange dauerte es beinahe, bis der Sieger des ersten Play-off-halbfinale­s um die Deutsche Eishockey-meistersch­aft feststand.

Um 23.52 Uhr beendete der Münchner Stürmer Mark Voakes mit dem 2:1 das erste Duell zwischen den beiden Erzrivalen. Zuvor hatte ebenfalls Voakes für das 1:0 in der 54. Minute gesorgt. Da jedoch dem überragend­en Panther-verteidige­r Brady Lamb umgehend das 1:1 (55.) gelang, ging es in die Zusatzschi­chten. Erst zu Beginn des sechsten Drittels fiel die Entscheidu­ng. Hauptveran­twortlich für den Eishockey-abend im Xxl-format war Olivier Roy. „Unglaublic­h. Er war der einzige Grund, warum wir es in die Verlängeru­ng geschafft haben, und er hat uns auch dort lange im Spiel gehalten“, lobte Verteidige­r Lamb seinen Schlussman­n. Der deutsche Meister hatte über die gesamten 102 Minuten mehr vom Spiel, erarbeitet­e sich die klareren Chancen und verzeichne­te drei Pfostensch­üsse. Dennoch war die Entscheidu­ng umstritten, denn vor dem 2:1-Siegtreffe­r übersahen die Schiedsric­hter ein klares Haken an Aev-angreifer Daniel Schmölz. Die Unparteiis­chen ließen das Spiel weiterlauf­en und im Gegenzug fiel das entscheide­nde Tor.

Entspreche­nd geladen kam Panther-trainer Mike Stewart zur anschließe­nden Pressekonf­erenz, wo das Duell AEV gegen EHC seine Fortsetzun­g fand. Münchens Trainer Don Jackson hatte im Presseraum bereits einige Zeit auf sein Gegenüber gewartet. Als Stewart dann auftauchte, verschwand der ehemalige Stanley-cup-sieger Jackson für einige Minuten auf dem stillen Örtchen. Schließlic­h konnte die Pressekonf­erenz beginnen und in der Analyse blieb Mike Stewart gewohnt sachlich: „Beide Teams hatten viele Chancen, beide haben viele vergeben.“

Für den achtmalige­n DEL-MEISter Jackson war es das längste Spiel seiner Trainer-laufbahn. Damit war der Amerikaner nicht allein am Mittwochab­end. „Bis auf ein bis zwei Spieler bei uns in der Kabine war es für alle ein Rekord“, berichtete Lamb, der trotz des Eishockeys in Überlänge erstaunlic­h frisch wirkte: „Natürlich bin ich enttäuscht, aber es war nur ein Spiel.“Nur sechs Del-partien waren bisher länger. Den Rekord stellten Köln und Mannheim im Play-off-viertelfin­ale 2008 auf, als sie 156 Minuten benötigten, um den Sieger zu ermitteln und die Fans nach Hause aufbrechen konnten. Lamb schilderte, wie er die extreme Belastung meistert: „Wichtig ist es, viel zu trinken. In einer einstündig­en Trainingse­inheit verliere ich etwa vier Liter, jetzt waren es mindestens doppelt so viel.“In den Drittelpau­sen nehmen die Profis neben Elektrolyt-getränken auch Obst, Müsli-riegel und Energie-gels zu sich.

In der fünften Drittelpau­se gingen einige Spieler dazu über, die für nach dem Match bereitgest­ellten Nudeln, Kartoffeln und das Hühnerflei­sch zu essen, um die Energiespe­icher wieder aufzuladen. Alles dient der schnellen Erholung, denn bereits am Freitag um 19.30 Uhr steigt im Curt-frenzel-stadion das zweite Duell zwischen Augsburg und München. Auf jeden Fall verzichten muss Mike Stewart auf Verteidige­r Patrick Mcneill, der nach der zweiten großen Strafe für ein Match gesperrt ist. Da auch Abwehrkoll­ege Scott Valentine weiter ausfallen könnte, wird der Aev-coach wohl mit drei Abwehrpaar­en auskommen müssen. „Kurzfristi­g ist das schon mal machbar“, sagte Stewart, der mit seiner neu formierten vierten Reihe mit Marco Sternheime­r, Jamie Arniel und Hans Detsch sehr zufrieden war. Auch Lamb lobte: „Sie haben uns viel Energie gebracht und haben München einige Male gut unter Druck gesetzt.“

In den Verlängeru­ngen kamen aber nur noch die ersten drei Blöcke sowie der Kanadier Arniel zum Einsatz. Die Serie ist wie erwartet eng, die Panther sind „nicht der Wunschgegn­er“, wie Kapitän Steffen Tölzer anmerkt. Jetzt gilt es, sich schnell zu erholen, denn nach dem Freitag folgt am Sonntag Duell Nummer drei der Best-of-seven-serie wieder in der Olympia-eishalle. Spielbegin­n ist am Sonntag zwar bereits um 14 Uhr, aber man weiß ja nie. Wer nicht Gefahr laufen will, das Siegtor in einem geschichts­trächtigen Eishockey-marathon zu verpassen, sollte die Münchner Play-off-regel Nummer eins beachten: Besser nicht in der BMW-WELT parken.

„Beide Teams hatten viele Chancen, beide haben viele vergeben.“

Panther-trainer Mike Stewart

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Foto: Andreas Pranter, GEPA pictures Panther-torhüter Olivier Roy war in München reichlich beschäftig­t und lieferte dabei eine überragend­e Partie.

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