Nur noch alle drei Jahre zur Vorsorge
Medizin Bislang wurde der Gesundheits-Check für gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren alle zwei Jahre bezahlt. Die Ärzte wurden von der Regelung überrascht. Die Patienten auch
Diedorf/Berlin Die Bedingungen für den Gesundheits-Check-up für gesetzlich Versicherte werden schlechter. Die Vorsorgeuntersuchung wurde bisher alle zwei Jahre für Versicherte ab 35 Jahren bezahlt. Seit dem 1. April wird die Untersuchung nur noch alle drei Jahre angeboten. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) – das höchste Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen Deutschlands – still und heimlich und ohne die Öffentlichkeit explizit zu informieren beschlossen. In dem 13-köpfigen Ausschuss sitzen unter anderem Vertreter der Krankenkassen und der Ärzteschaft. Doch auch viele Mediziner sind über diesen Beschluss empört.
„Ich finde das unmöglich“, schimpft etwa Dr. Bernhard Baur, hausärztlicher Internist aus Diedorf bei Augsburg. „Selbst Autos soll man jährlich zur Überprüfung bringen, aber beim Menschen spart man“, sagt der 59-Jährige. „Wir entdecken durch die Vorsorge am laufenden Band massive gesundheitliche Probleme wie Bluthochdruck, Diabetes, Tumoren.“Es sei zwangsläufig, dass durch das vergrößerte zeitliche Intervall nun viele Diagnosen zu spät gestellt würden. „Das macht doch gar keinen Sinn“, sagt der Mediziner, der seit 25 Jahren in Diedorf praktiziert. Die engmaschige Vorsorge sei so wichtig – „gerade für die Männer, die doch oft Vorsorgemuffel sind“. Außerdem ist Baur empört über den Stil, mit dem die neue Regelung eingeführt wird. „Wir wurden im Prinzip nicht informiert. Und mussten Patienten, die wegen der zweijährigen Vorsorge kamen, wieder heimschicken.“
Die Vorsorge verschlechtere sich. Da sei es auch kein Ausgleich, dass gemäß der neuen Regelung Menschen zwischen 18 und 35 Jahren ebenfalls einen Check-up bekommen – „aber nur ein einziges Mal in diesen 17 Jahren“, sagt Baur.
„Bei uns ist der Unmut der Hausärzte über diese kurzfristige Änderung deutlich zu spüren“, sagt denn auch Martin Eulitz, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Dabei habe die KVB die Entscheidung aus Berlin weiterzutragen. Er kritisiert: Der Vorgang zeige, „dass der Bundesebene in Berlin leider häufig nicht bewusst ist, welche Auswirkungen die sehr kurzfristige Umsetzung von Entscheidungen hat“.
Beim G-BA in Berlin argumentiert man, dass der neue Check-up dafür umfangreicher sei. Und man habe durchaus informiert. Sprecherin Christine Reis verweist auf einen Newsletter, in dem die neuen Regelungen dargestellt seien. Mit dem Ergebnis allerdings, dass selbst viele Ärzte von den Neuerungen überhaupt nichts wussten. Geschweige denn die Patienten. Hanno Kautz, Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums, betont, dass der neue Check-up vom federführenden G-BA wissenschaftlich begründet worden sei. Er sei medizinisch sinnvoll. Das Ministerium habe den Entwurf darum gebilligt. Was von der Regelung zu halten ist, steht im Kommentar. Welche Vorsorgeuntersuchungen überhaupt sinnvoll sind, finden Sie auf Geld & Leben.