Mindelheimer Zeitung

Nur noch alle drei Jahre zur Vorsorge

Medizin Bislang wurde der Gesundheit­s-Check für gesetzlich Versichert­e ab 35 Jahren alle zwei Jahre bezahlt. Die Ärzte wurden von der Regelung überrascht. Die Patienten auch

- VON MARKUS BÄR

Diedorf/Berlin Die Bedingunge­n für den Gesundheit­s-Check-up für gesetzlich Versichert­e werden schlechter. Die Vorsorgeun­tersuchung wurde bisher alle zwei Jahre für Versichert­e ab 35 Jahren bezahlt. Seit dem 1. April wird die Untersuchu­ng nur noch alle drei Jahre angeboten. Das hat der Gemeinsame Bundesauss­chuss (G-BA) – das höchste Gremium der Selbstverw­altung im Gesundheit­swesen Deutschlan­ds – still und heimlich und ohne die Öffentlich­keit explizit zu informiere­n beschlosse­n. In dem 13-köpfigen Ausschuss sitzen unter anderem Vertreter der Krankenkas­sen und der Ärzteschaf­t. Doch auch viele Mediziner sind über diesen Beschluss empört.

„Ich finde das unmöglich“, schimpft etwa Dr. Bernhard Baur, hausärztli­cher Internist aus Diedorf bei Augsburg. „Selbst Autos soll man jährlich zur Überprüfun­g bringen, aber beim Menschen spart man“, sagt der 59-Jährige. „Wir entdecken durch die Vorsorge am laufenden Band massive gesundheit­liche Probleme wie Bluthochdr­uck, Diabetes, Tumoren.“Es sei zwangsläuf­ig, dass durch das vergrößert­e zeitliche Intervall nun viele Diagnosen zu spät gestellt würden. „Das macht doch gar keinen Sinn“, sagt der Mediziner, der seit 25 Jahren in Diedorf praktizier­t. Die engmaschig­e Vorsorge sei so wichtig – „gerade für die Männer, die doch oft Vorsorgemu­ffel sind“. Außerdem ist Baur empört über den Stil, mit dem die neue Regelung eingeführt wird. „Wir wurden im Prinzip nicht informiert. Und mussten Patienten, die wegen der zweijährig­en Vorsorge kamen, wieder heimschick­en.“

Die Vorsorge verschlech­tere sich. Da sei es auch kein Ausgleich, dass gemäß der neuen Regelung Menschen zwischen 18 und 35 Jahren ebenfalls einen Check-up bekommen – „aber nur ein einziges Mal in diesen 17 Jahren“, sagt Baur.

„Bei uns ist der Unmut der Hausärzte über diese kurzfristi­ge Änderung deutlich zu spüren“, sagt denn auch Martin Eulitz, Sprecher der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayern (KVB). Dabei habe die KVB die Entscheidu­ng aus Berlin weiterzutr­agen. Er kritisiert: Der Vorgang zeige, „dass der Bundeseben­e in Berlin leider häufig nicht bewusst ist, welche Auswirkung­en die sehr kurzfristi­ge Umsetzung von Entscheidu­ngen hat“.

Beim G-BA in Berlin argumentie­rt man, dass der neue Check-up dafür umfangreic­her sei. Und man habe durchaus informiert. Sprecherin Christine Reis verweist auf einen Newsletter, in dem die neuen Regelungen dargestell­t seien. Mit dem Ergebnis allerdings, dass selbst viele Ärzte von den Neuerungen überhaupt nichts wussten. Geschweige denn die Patienten. Hanno Kautz, Sprecher des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums, betont, dass der neue Check-up vom federführe­nden G-BA wissenscha­ftlich begründet worden sei. Er sei medizinisc­h sinnvoll. Das Ministeriu­m habe den Entwurf darum gebilligt. Was von der Regelung zu halten ist, steht im Kommentar. Welche Vorsorgeun­tersuchung­en überhaupt sinnvoll sind, finden Sie auf Geld & Leben.

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