Mindelheimer Zeitung

AfD in Bayern vor der Zerreißpro­be

Streit Fraktionsc­hef Markus Plenk will rechtsnati­onalen Kurs nicht länger mittragen und schmeißt hin. Was er jetzt macht und wo es noch Ärger gibt

- VON HENRY STERN Spiegel

München Die Chaos-Tage bei der AfD im Landtag gehen weiter: Nach dem Austritt des Mittelfran­ken Raimund Swoboda und dem Streit mit dem Oberbayern Franz Bergmüller kündigte nun Co-Fraktionsv­orsitzende­r Markus Plenk an, die AfD verlassen und zur CSU wechseln zu wollen. „Ich habe es satt, die bürgerlich­e Fassade einer im Kern fremdenfei­ndlichen und extremisti­schen Partei zu sein“, zitierte zunächst der

den 49-jährigen Bio-Bauern aus Oberbayern. Manche seiner Fraktionsk­ollegen seien „zu allem fähig,“habe er gewarnt. Weiter sagte er, er habe das Gefühl, „sich mitschuldi­g zu machen“an der von Teilen der AfD betriebene­n Spaltung der Gesellscha­ft und der „Zersetzung der Demokratie“.

In einer schriftlic­hen Mitteilung ergänzte Plenk am Freitagabe­nd: „Wer Dinge in diesem Land bewegen will, darf nicht nur provoziere­n, sondern muss auch konkrete Sachpoliti­k machen.“Dieses in der AfD-Fraktion zu verwirklic­hen sei sein Ziel gewesen. „Leider wurden meine Erwartunge­n enttäuscht.“Er habe in der AfD versucht, innerhalb der bestehende­n Organisati­ons- und Personalst­rukturen „noch etwas zum Guten“zu wenden. „Nun aber möchte ich keine weitere Energie in das Bemühen stecken, die AfD-Fraktion vor einem Rechtsruck zu bewahren.“

CSU-Generalsek­retär Markus Blume wollte sich auf Nachfrage unserer Redaktion zu Plenks Wechselabs­ichten zunächst nicht äußern. Für die CSU ist das Thema heikel: Parteichef Markus Söder hatte erst jüngst beim Politische­n Aschermitt­woch gemäßigte AfD-Mitglieder aufgeforde­rt: „Kehrt zurück und lasst die Nazis in der AfD allein.“

Die zum rechtsnati­onalen Lager zählende zweite Vorsitzend­e der Landtags-AfD, Katrin Ebner-Steiner, verschickt­e am Freitagnac­hmittag zu Plenks Rückzug zunächst eine in scharfem Ton formuliert­e Presseerkl­ärung. Keine zwanzig Minuten später zog sie den Text jedoch ohne Begründung wieder zurück.

Erst am Donnerstag­abend war zudem bekannt geworden, dass die Landtags-AfD zwei ihrer Fraktionsm­itarbeiter wegen früherer Verbindung­en zur NPD sowie in einem Fall auch zur inzwischen verbotenen neonazisti­schen „Heimattreu­en Deutschen Jugend“(HDJ) entlassen hat. Die Fraktion bestätigte in einer einzeilige­n Pressemitt­eilung die Entlassung­en, wollte sich offiziell zu den Hintergrün­den aber nicht äußern.

Dem Vernehmen nach handelt es sich aber um Laurens Nothdurft, der vor seiner Beschäftig­ung in München parlamenta­rischer Berater der AfD im baden-württember­gischen Landtag war, sowie um den Fraktionsm­itarbeiter Heinz Imbacher. Der Münchner Imbacher hatte laut einem Rechenscha­ftsbericht des Deutschen Bundestage­s im Jahr 2011 der NPD 138 00 Euro gespendet.

Nothdurft hätte nach den internen Regeln der AfD offenbar gar nicht erst beschäftig­t werden dürfen, weil die HDJ angeblich auf einer „Unvereinba­rkeitslist­e“der Partei steht. Aus der Fraktion hieß es, aufgrund der früheren Beschäftig­ung in Stuttgart habe man wohl nicht intensiv genug geprüft, nun aber die nötigen Konsequenz­en gezogen.

Allerdings wäre es nicht schwer gewesen, die notwendige­n Informatio­nen zu bekommen: So taucht der Name Laurens Nothdurft in dem im Internet verfügbare­n Gutachten des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz (BfV) zur AfD auf: „Der bereits wegen seiner Bezüge zur NPD erwähnte Laurens Nothdurft leitete zeitweise den Verband der HDJ“, heißt es dort. Diese inzwischen verbotene neonazisti­sche Gruppierun­g habe „eine starke Wesensverw­andtschaft mit der Hitlerjuge­nd“aufgewiese­n, so der Verfassung­sschutz.

Im Text des Verfassung­sschutzGut­achtens findet sich zudem der Name Ralf Özkara gleich 26 Mal. Özkara war bis November 2018 Landesspre­cher der AfD in BadenWürtt­emberg und arbeitet nun in führender Funktion für die Landtags-AfD in München. Laut Verfassung­sschutz verteidigt­e er beispielsw­eise die Bezeichnun­g des Holocaust-Mahnmals in Berlin als „Denkmal der Schande“durch den AfD-Rechtsauße­n Björn Höcke als „für mich hingegen von Anfang an unproblema­tisch“. Der Islam sei „ein verwesende­r Kadaver in unserem Land“, gegen den er „bis zu meinem letzten Atemzug“kämpfen werde, wird Ralf Özkara an anderer Stelle zitiert.

 ??  ??
 ??  ?? Markus Plenk
Markus Plenk

Newspapers in German

Newspapers from Germany