Mindelheimer Zeitung

Wie sich Jackie Chan nach oben kämpfte

Porträt Der Schauspiel­er aus Hongkong, der am Sonntag 65 wird, wuchs in armen Verhältnis­sen auf und jahrelang auch fern von seinen Eltern. Dass er es zum Hollywoods­tar brachte, ist eine filmreife Geschichte

- VON PHILIPP WEHRMANN

Augsburg Gewalt hat Jackie Chan berühmt gemacht – und doch hasst er sie. „Das ist eine Art Dilemma, oder?“, sagte er einmal. Seinem Prügeltale­nt hat er auch seinen Reichtum zu verdanken. Chans Eltern waren im Chinesisch­en Bürgerkrie­g nach Hongkong geflüchtet. Dort wird er 1954 geboren, in armen Verhältnis­sen. Seine Eltern leben im Ghetto, später ziehen sie ins australisc­he Canberra, wo sie – als Koch und Hausmädche­n – in der US-amerikanis­chen Botschaft arbeiten. Den Siebenjähr­igen lassen sie in einem strengen Schauspiel-Internat in Hongkong zurück. Es ist der Beginn einer Welt-Karriere.

Schauspiel, Gesang, Kampfkünst­e – von frühmorgen­s bis spätabends wird Chan für die Oper unterricht­et, auch unter Einsatz von Schlägen. Einmal bleibt ein Mitschüler stundenlan­g bewusstlos. Als er zur Besinnung kommt, schimpft der Lehrer: „Während die anderen hart trainiert haben, hast du geschlafen.“Als Chan dann seine Ausbildung im Alter von 17 Jahren abschließt, ist die chinesisch­e Oper aus der Mode gekommen. Er hält sich als Stuntman über Wasser, zieht schließlic­h zu seinen Eltern nach Australien. Dort arbeitet er auf einer Baustelle – und ein Kollege nennt ihn Jackie, weil er den Namen Kong-Sang nicht ausspreche­n kann.

Kurz nach dem Tod der Ikone des Kampfkunst-Films, Bruce Lee, im Jahr 1973 erhält Jackie Chan ein Telegramm. Der Absender, Willie Chan, sein späterer Manager, holt ihn zurück nach Hongkong. Jackie Chan wird jedoch vergeblich als Bruce Lees Nachfolger vermarktet. 1978 spielt er in „Die Schlange im Schatten des Adlers“einen tollpatsch­igen Küchenjung­en. Statt Brutalität setzt er auf Humor – und ihm gelingt der Durchbruch. „Ich wollte nie der nächste Bruce Lee sein. Ich wollte der erste Jackie Chan sein“, wird er sagen. 1980 soll Chan dann bei seinem ersten Dreh in den USA aus einem Auto steigen und zu einem Restaurant laufen. Er schlägt vor, sich während der Fahrt auf die Straße zu werfen und mit einem Salto auf den Gehsteig zu springen. Der Regisseur lehnt ab. Chan warnt ihn in schlechtem Englisch: „Keiner Geld zahlen für Jackie Chan, der läuft.“Er behält recht, der Film floppt. Mit Chans Karriere geht es weiter. 1995 wird der Schauspiel­er mit „Rumble in the Bronx“im Westen zum Star. Zusammen mit Chris Tucker hat er 1998 in „Rush Hour“großen Erfolg. 2016 erhält Chan für sein Lebenswerk, das mehr als 200 Filme umfasst, einen EhrenOscar. Chris Tucker hält die Laudatio: „Ich konnte es kaum erwarten, jeden Tag ans Set zu kommen und mit Jackie Chan zu arbeiten.“

Chans Erfolg hält bis heute an, unter anderem mit der Neuauflage des Genre-Klassikers „Karate Kid“. Viele seiner Rollen synchronis­iert der Schauspiel­er selbst: Er spricht Englisch, Japanisch, Taiwanesis­ch, Mandarin, Kantonesis­ch und Koreanisch. Am Sonntag nun wird Jackie Chan 65 Jahre alt – und denkt nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Sein „Karate Kid“-Remake soll mit „Karate Kid 2“fortgesetz­t werden und auch „Rush Hour 4“wurde bereits angekündig­t. In China ist 2019 schon ein Film mit ihm gelaufen. Finanziell nötig hat er es nicht mehr. Allein 2017 verdiente er fast 50 Millionen US-Dollar, schätzt das US-Magazin Forbes – hauptsächl­ich in Festland-China.

Für sein Verhältnis zur dortigen Führung wird er allerdings kritisiert. Es ist das Jahr 2009, als Jackie Chan im Propaganda­film „Die erfolgreic­he Gründung eines Staates“mitspielt. Über die staatliche Kontrolle der Bürger sagt er: „Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass wir kontrollie­rt werden müssen. Wenn wir nicht überwacht werden, tun wir doch, was wir wollen.“

Neben seinem Engagement als Unicef-Botschafte­r wird er 2009 auch chinesisch­er Anti-Drogen-Beauftragt­er. Dass sein Sohn Jaycee Chan fünf Jahre danach wegen Drogen ins Gefängnis kommt, ärgert ihn: „Als Prominente­r ist es mir peinlich, als Vater tut mir das Herz weh.“Sein Vermögen vermacht Jackie Chan denn auch seiner Wohltätigk­eitsstiftu­ng. Sein Sohn wird sich alleine hocharbeit­en müssen. Wie Jackie Chan einst.

 ?? Foto: dpa ?? Immer in Aktion: Jackie Chan. Hier als Chief Inspector Lee in der Krimikomöd­ie „Rush Hour 2“aus dem Jahr 2001. Dass Chan einmal als Stuntman begann, sollte ihm im Laufe seiner Welt-Karriere sehr zugutekomm­en.
Foto: dpa Immer in Aktion: Jackie Chan. Hier als Chief Inspector Lee in der Krimikomöd­ie „Rush Hour 2“aus dem Jahr 2001. Dass Chan einmal als Stuntman begann, sollte ihm im Laufe seiner Welt-Karriere sehr zugutekomm­en.

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