In Polen auf der Flucht
Polizeiruf 110: Kindeswohl
ARD, 20.15 Uhr Schnee liegt in diesem „Polizeiruf 110“über einer düsteren, polnischen Waldlandschaft, durch die die beiden Jugendlichen Keno und Samuel stapfen. Der aggressive Keno hat den Leiter des Heimes „Kindeswohl“, in dem er untergebracht war, umgebracht. Fortan ist Keno auf der Flucht – zusammen mit Samuel, dem Sohn von Hauptkommissar Alexander Bukow (Charly Hübner).
Sie sind auf dem Weg zu einem heruntergekommenen Bauernhof, wo der „Bruder“des vorbestraften Täters für ein simples Taschengeld in einer Pflegefamilie lebt: Fatalerweise hat sich Bukows pubertierender Sprössling mit dem gewalttätigen Keno angefreundet. Alexander Bukow gerät samt seinem Sohn in eine Spirale der Gewalt und Ohnmacht über die „Inobhutnahme“der Problem-Kids, die sich der Heimleiter, der das Opfer Kenos wird, anmaßte.
Außerdem geht es zwischen Kommissarin Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Bukow ziemlich frostig zu. Dass der Kollege vom Fall wegen Befangenheit abgezogen wird, heizt die Spannungen zwischen den Ermittlern jedoch an. Bukow und König aus Rostock sind das vielleicht beste Kommissar-Duo im deutschen Fernsehen, so faszinierend und vielschichtig frustriert sind die Charaktere gespielt.
Wie König dem stets unter Strom stehenden Vater Alexander Bukow den Spiegel vorhält, hat was Unerklärbares, auch wenn die Zuschauer den Täter kennen. Woher kommt die Wut in Keno, den Junis Marlon so brillant verkörpert? „Das ist ein Scheißsystem, das mit seinen Kindern so umgeht“, schimpft König und fordert Bukow zu Recht auf: „Wie wär’s mal mit Zuhören?“
Keno, der weder lesen noch schreiben kann, wird von den Erwachsenen aber auch im Stich gelassen. Denn „Kindeswohl“– schon der Name ist schierer Hohn – schiebt die Jungs im Zweifel und mit Wissen des Jugendamts ins billigere Ausland ab. Am Ende finden Vater und Sohn doch wieder zusammen. Und Alexander Bukow sagt doch tatsächlich: „Danke, Frau König!“Das heißt was. Rupert Huber