FrischluftKontakt
Nun also neue vier Kennzeichnungen für Nahrungsmittel, speziell für Frischfleisch: a) Stallhaltung, b) Stallhaltung plus, c) Außenklima, d) Premium. Ob das zu Aufklärung führt? Es ist zu bezweifeln, stattdessen das Gegenteil anzunehmen: Verwirrung und Ignoranz. Man kann nur den Kopf darüber schütteln, wie hier existenzielle Mindestmaße verbrämt schöngeredet werden sollen. Um das festzustellen, muss man kein Vegetarier sein.
Der, der weiß, wie wenig Stallhühnern gesetzlich zusteht an Lebensraum, kann nur die Fassung verlieren, wenn künftig dem Huhn bei Stallhaltung plus zehn Prozent mehr, das sind wenige Quadratzentimeter mehr, garantiert werden. Und nachgerade zynisch wird es, wenn in der dritten Qualitätsstufe der Kennzeichnung dem künftigen Schlachttier auch „Außenklima“zugestanden wird.
„Außenklima“, das bedeutet: „Frischluft-Kontakt“. Zwei Wortschöpfungen von bürokratischer Höchstleistung – womöglich unter Frischluftkontakt in einer Gütesiegel-Legebatterie bei zehn Prozent mehr Schreibtischfläche zustande gekommen.
Frischluftkontakt bedeutet: die Tiere erhalten frische Luft von außerhalb des Stalls („Außenklima“) – zum Beispiel durch Öffnungen in der Stallwand. Da fragt man sich, was erhalten eigentlich jene Tiere ohne Frischluftkontakt? Wird da auf Lüftung vollkommen verzichtet? Oder haben die Hühner mit Frischluftkontakt nur zehn Prozent mehr Frischluftkontakt als das gemeine Stallhaltungshuhn?
Der Frischluftkontakt scheint auf jeden Fall ein enormer Fortschritt zu sein. Er wird dem Konsumenten mit Brief und Siegel bescheinigt. Bleibt nur zu hoffen, dass die Hühner, Schweine, Rinder mit Frischluftkontakt auch gesunden Wasserkontakt, Futterkontakt, Schlafplatzkontakt erhalten – vor ihrem Schlachtapparatkontakt.