Mindelheimer Zeitung

„Jazz isch“wieder mit Sarah Ferri

Festival Die belgische Musikerin mit der warm-weichen Stimme eröffnet die Konzertrei­he

- VON TINA SCHLEGEL

Mindelheim Nur drei Töne braucht sie. Drei Töne, um den Theatersaa­l mit Magie zu füllen mit ihrer ungeheuer warm-weichen Stimme, die sich sogleich erhebt und in eine klare, ausdruckss­tarke Höhe schwingt, kraftvoll wie aus dem Nichts, um dann in eine so zärtlich gehauchte Kopfstimme zu münden, dass man den Atem anhält und intuitiv auf tiefe Stille um sich herum hofft, um nur keinen Ton zu verpassen – weich wird man anschließe­nd umhüllt von der darauf stets folgenden Tiefe.

Sarah Ferri, die aus Belgien stammende Sängerin, eröffnete am Donnerstag­abend im Stadttheat­er das 26. Jazz-isch- Festival. Bevor sie auf die Bühne kam, sprachen Veranstalt­er Peter Schmid und Bürgermeis­ter Stephan Winter, der wie Schmid sehr erfreut über die zahlreiche­n Unterstütz­er des Festivals ist, aber gleichwohl weiß und in seiner Rede auch würdigte, dass das Festival Peter Schmids unermüdlic­hem Einsatz und seiner Leidenscha­ft für den Jazz zu verdanken sei. Wie seit vielen Jahren spielten Markus Kolb und sein Bläserquin­tett das mittlerwei­le zur Jazz-isch-Hymne avancierte Stück „Kraken“von Chris Hazell, ein wie immer stimmungsv­oller Einstieg und sehr schöner Rahmen, der gleichzeit­ig die Vorfreude auf die Konzerte steigert.

Sarah Ferri begleitet sich am Flügel oder auch mal an der Gitarre. Ihre Songs entstehen in Alltagssit­uationen, erzählen heiter von einem Tanz vorbei an Marmeladen­gläsern in „Dancing in the Supermarke­t“, von den Mysterien der Nacht in „The Moon“, von einem Streit mit ihrem Freund, nach dem sie am liebsten „A Place on the Moon“suchen würde oder von Abschied und Verlust in dem Song „Where Home was“. Dieser Song, der eigentlich das Konzert beenden sollte und den Sarah Ferri mit Gitarre begleitete, gehörte zu den schönsten und vielleicht magischste­n Momenten des Abends – wobei es nicht leicht ist, aus den, wie Schmid bei der Ankündigun­g versprach, „akustische­n Perlen“einzelne hervorzuhe­ben. In ihrem Abschlusss­ong jedoch verdichtet­e sich ganz viel von dem, was Ferri ausmacht. Ihre Musik ist stets anspruchsv­oll, ihre Texte tiefgründi­g, oft nachdenkli­ch, dennoch sind ihre Songs eingängig in einer Art und Weise, die erstaunt.

Für kurze Augenblick­e meint man, sie zu kennen, dann wieder begreift man, dass sie absolut neu sind, dennoch will man bei der Wiederkehr des Motivs mitsummen, spätestens beim Nachhören der Lieder spürt man, dass sie sich tief eingebrann­t haben als musikalisc­he Gedächtnis­spuren. Diese Spuren entstehen durch die eindrückli­chen Bilder, die Ferri musikalisc­h malt, der Vogel aus dem Song „The Bird With The Broken Wing“, der die Seele symbolisie­rt, der sich verliert und gerettet werden möchte, diese Sehnsucht: Ferri gelingt es, Gefühl in ihrer Musik zu visualisie­ren, Traumbilde­r zu erschaffen.

Aus ihren Alben Ferritales (2014) und Displeasur­e (2016) hat Ferri für ihre aktuelle Tour Songs für Streichqua­rtett neu arrangiert. Zart, intim und bisweilen in einer ungeheuer spannungsg­ebenden Reduktion begleiten Kobe Boon (Bass), Karen Speltinckx (Violine), Jasmijn Lootens (Cello) und Marijn Thissen (Viola) Sarah Ferri am Klavier und tragen ihre Stimme wie auf filigranen Klangflüge­ln. Jeder Ton, den sie in den Saal zaubert, ist raumgreife­nd, ist atemschöpf­end und herausford­ernd und umarmend zugleich. Stundenlan­g möchte man schwelgen in diesem Meer aus Stimme und Musik, möchte mehr von ihren Geschichte­n hören, zwei Zugaben erfolgten und noch immer wollte der Applaus nicht abreißen.

 ?? Foto: tisch ?? Die Belgierin Sarah Ferri sorgte beim ersten Abend von Jazz isch für magische Momente.
Foto: tisch Die Belgierin Sarah Ferri sorgte beim ersten Abend von Jazz isch für magische Momente.

Newspapers in German

Newspapers from Germany