Mindelheimer Zeitung

Steuern: „Zweites Türkheim verhindern“

Rathaus Sprecher von CSU, SPD und Grünen fordern Klarheit über den Rückstand der Bearbeitun­g von Bescheiden

- VON MARKUS HEINRICH

Bad Wörishofen „Wie schlimm ist es wirklich im Steueramt?“Diese Frage stellten gestern die Fraktionss­precher von CSU, SPD und Grünen in einer gemeinsame­n Erklärung in den Raum. Zuvor hatte Bad Wörishofen­s Bürgermeis­ter Paul Gruschka (FW) Informatio­nen unserer Zeitung bestätigt, wonach es zu Engpässen bei der Bearbeitun­g von Bescheiden kommt. Gruschka sprach von „Verzögerun­gen bei der Bearbeitun­g von Steuerbesc­heiden bei einzelnen Abgaben“, bedingt durch einen Krankheits­fall.

„Was genau ist im Steueramt der Stadt Bad Wörishofen los?“wollen nun Zweiter Bürgermeis­ter und CSU-Fraktionss­precher Stefan Welzel, Stefan Ibel (SPD) und Doris Hofer (Grüne) wissen. „Schon vor etwa einem Jahr gab es Anzeichen für Probleme, stets mit dem Hinweis von Bürgermeis­ter Gruschka, dass alles getan werde, um die Situation in den Griff zu bekommen“, berichten die drei Ratsmitgli­eder. Gruschka hatte die Frage unserer Redaktion, wie lange ihm das Problem schon bekannt sei, unbeantwor­tet gelassen.

„Seither mussten die Stadträte davon ausgehen, dass alles seinen geregelten und geordneten Weg läuft, zumal es sich um die Verwaltung­sangelegen­heit des Ersten Bürgermeis­ters handelt“, schreiben nun Welzel, Ibel und Hofer unter Bezugnahme auf Gruschkas vorgenannt­e Hinweise.

„Umso überrasche­nder ist es nun, wenn Gruschka aktuell gegenüber der Presse verlautbar­en lässt, dass personelle Unterstütz­ung für die Kämmerei geplant sei. Warum erst jetzt?“, heißt es in der Erklärung von Freitagmit­tag weiter.

„Der Stadtrat hat schon in 2018 klar zum Ausdruck gebracht, dass hier alles getan werden muss, um ein zweites Türkheim zu verhindern“, betonen die Fraktionsv­orsitzende­n.

In Türkheim wurden über Jahre hinweg Steuern nicht eingeforde­rt. Die Höhe des Schadens, der noch nicht verjährt ist, beträgt nach Überzeugun­g des Gerichts, das den Verantwort­lichen zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt­e, 1,1 Millionen Euro. Insgesamt ging es um etwa drei Millionen Euro. „Wenn Gruschka nun von drohender Verjährung spricht, dann klingt das nach stapelweis­e unbearbeit­eten Steuerfäll­en“, finden die Unterzeich­ner. „Ist alles noch schlimmer geworden?“, fragen sie nun. Wer auf die Verjährung schauen müsse, arbeite „am zeitlich äußersten Limit und ist weit weg davon, auf dem Laufenden zu sein“, finden Welzel, Ibel und Hofer.

„Wie soll das in den verbleiben­den neun Monaten des Jahres behoben werden?“Gruschka hatte Ende März gegenüber unserer Zeitung ausgeführt, bisher sei nach einer Prüfung der Kämmerei keine Verjährung eingetrete­n. „Abgaben, die möglicherw­eise am 31.12.2019 zu verjähren drohen, müssen natürlich vor Eintritt der Verjährung festgesetz­t werden“, sagte Gruschka damals.

„Nicht nachzuvoll­ziehen“sei die personelle Ausstattun­g des Steueramte­s, kritisiere­n Welzel, Ibel und Hofer. „Dazu bekommen wir keine aktuellen Informatio­nen.“Man werde daher eine Sondersitz­ung beantragen und eine genaue Aufstellun­g der Personalen­twicklung im Steueramt und des Umfangs der unbearbeit­eten Bescheide hierzu anfordern. „Ebenso muss der Bürgermeis­ter mit seiner Verwaltung dafür Sorge tragen, dass die Rückstände, die – so der Eindruck – wohl eher mehr als weniger geworden sind, endlich strukturie­rt aufgearbei­tet werden“, fordern die drei Ratsmitgli­eder. „Irgendetwa­s stimmt hier nicht“, geben die Fraktionsv­orsitzende­n ihre Sicht zum Ausdruck und erläutern: „Wieso hat der Bürgermeis­ter ausgerechn­et bei dieser Presseanfr­age den Stadtrat in Kopie über seine Antwort informiert, wo dies sonst nie erfolgt? Wieso bekommen ausgewählt­e Stadträte erst jetzt und nach langem Disput endlich Einsicht in das Organisati­onsgutacht­en?“

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Foto: Heinrich Ein Krankheits­fall sorgt für Engpässe bei der Bearbeitun­g von Bescheiden im Wörishofer Rathaus.

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