Bayern– Dortmund: Soll der Bessere gewinnen?
Für jeden Sportsmann, jede Sportsfrau und jedes Sportsdivers kann die Antwort da doch nur lauten: Ja. Denn genau das ist doch das ideelle Prinzip des sportlichen Wettkampfs! Und bitte: Komme jetzt keiner mit der Plattitüde, was es denn heißen solle, wer der Bessere ist. Das weiß nach praktisch jedem Spiel nun wirklich jeder, der hingeschaut hat – selbst mit Fan-verzerrtem Blick, selbst mit ideologischen Bedenken, ob bei den Milliarden, die da im Spiel sind, mit dem Besseren nicht in der Regel eh der Reichere gewinnt…
Denn lassen wir den Ball hier doch bitte mal im Stadion, auf dem elitären Rasen des Starspektakels FC Bayern München gegen Borussia Dortmund. Denn es geht hier ja nicht um David gegen Goliath. Und wer den BVB als Außenseiter ansieht, nur weil die Münchner zuletzt Dauermeister waren, der muss doch auch einräumen: Aber wenn die Dortmunder –
Sympathien hin oder her – gegen in dieser Saison ja eben doch schwer kriselnde und taktisch alles andere als sattelfeste Bayern im entscheidenden Moment auch nicht besser sind, dann haben sie den Sieg eben auch nicht verdient. Alles andere ist Drumherum-Gerede.
Im US-Sport heißt das, was wir mit diesem Spiel an diesem Samstagabend erleben, „Crunch Time“– zu Deutsch: Es geht um die Wurst. Die Amis haben das immer, weil sie ihre Ligen ja in Play-off-, also in Entscheidungsspielen entscheiden. Und da zeigt und beweist sich eben der wahre und würdige Champion.
Jetzt haben wir in der Bundesliga endlich mal wieder eine „Crunch Time“. Und dann soll sich ausgerechnet da nicht an der Frage des im entscheidenden Moment Besseren zeigen, wer die Meisterschaft verdient hat? Wie verkopft, wie verschenkt, wie ignorant ist das denn?!
Fußball ist kein Schönheitswettbewerb und die Bundesliga nicht die deutsche Meisterschaft der Standardtänze. Darum bestimmt nicht ein Preisrichter oder eine Jury, an wen der Sieg nach 90 Minuten gehen soll, sondern die beteiligten Mannschaften müssen das unter sich ausmachen – unter dem disziplinarischen Einfluss eines einfachen Regelwerks und den mehr oder weniger scharfen Augen vieler Schiedsrichter.
Im Stadion treffen zwei gegnerische Mannschaften aufeinander, nicht zwei Wettbewerber. Das kann man proletarisch finden und herablassend die Nase rümpfen – ändern kann man es nicht, ohne das Spiel zu zerstören. Am Ende gewinnt die Mannschaft, die mehr Tore geschossen hat. Punkt. Das ist die einzige Regel, die jeder Erwachsene, egal aus welchem Kulturkreis oder welchen Geschlechts, sofort versteht. Und aus dem Betrachten des Wegs dahin, besteht der
ganze Reiz des Spiels. Deswegen schaut man Barça gegen Real, Pep gegen Mourinho oder erleidet Augsburg gegen Nürnberg. Fußball ist ein Unterhaltungsprodukt und der Fußball bietet Identifikationsfläche – beide Entwicklungen werden von der Branche nach Kräften gefördert. Entweder man freut sich am Kampf Gut gegen Böse, an Show und Spektakel – und vergibt seine Zuneigung heute hierhin, morgen dahin. Oder man ist ohnehin Fan, dann ist die Frage nach der besseren Mannschaft aber bereits endgültig beantwortet.
Wer sollte auch neutral befinden, wer die bessere Mannschaft ist? Nach welchen Kriterien? Ist viel Ballbesitz besser, auch wenn man keine Torchancen hat? Zählt ein toller Sololauf mehr als eine fantastische Parade des Torwarts? Soll künftig in der Champions League nach Abpfiff europaweit telefonisch abgestimmt werden? Die Wahrheit liegt auf dem Platz.