Betrifft: Fitness
Neulich, nein, das konnte einfach kein schlechter Traum sein. Denn das Wetter war so herrlich frühlingsmild, die Luft so kristallin und der Spazierweg so gewunden idyllisch, an einem in der Sonne glitzernden Gewässer geradezu entlanggleitend… Ganz wach und wirklich und schön also alles – doch da herrschte plötzlich mitten hinein ins zarte Vogelgezwitscher eine elektronische Stimme: „Laufen
Sie ein bisschen schneller.“Aber bevor nun der Verdacht Gestalt hätte annehmen können, vielleicht doch einer virtuellen Rundumprojektion aufgesessen zu sein, rumpelte auch schon eine bereits beträchtlich schnaubende Joggerin vorbei. Gesicht leicht fleckig gerötet, stierer Blick zu Boden – und ein Smartphone fast von der Größe eine Tabletts in Plastik um den Oberarm geklettet. Aber nicht etwa über Kopfhörer ließ sie sich offenbar von ihrem Gerät steuern, sondern deutlich schallend in der Umwelt.
„Laufen Sie ein bisschen schneller.“Ob die derart offen Dirigierte, die wohl ihr Etappenziel programmiert hatte und wahrscheinlich auch noch als Teil eines länger per App für die ganze Saison berechneten Fitness-Plans, dann auch einen Sensor für Herz und Kreislauf installiert hatte? Nicht dass sie noch kollabiert und das Smartphone statt zur Hilfe nur noch lauter mahnt: „Laufen Sie ein bisschen schneller.“Und: „Laufen Sie schneller.“Und: „Laufen Sie.“Und schließlich: „Sie haben Ihr Ziel nicht erreicht.“So weit ist es mit den Menschen im 21. Jahrhundert. man muss sich schon sorgen, ob sie auch digitalisiert genug sind, um nicht auf halber Strecke zu scheitern. Aber bevor nun die Idee Gestalt hätte annehmen können, dass sich darin auch ein Wettlauf der ganzen Gesellschaft abbilden könnte, die Fitness aus der Cloud – da zeigte sich am Himmel eine Wolke. Sie war sehr weiß und ungeheuer oben. Wirklich und schön.