Er war des Teufels General
Es fing ganz harmlos an. Im Jahr 1909 meldete sich der junge Ernst Udet bei einem Münchener Modellflugzeug-Klub an. Ein paar Jahre später war er schon Mitglied eines exklusiveren und höchst gefährlichen Klubs: Er wurde einer der tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten, die die irrwitzigen Luftkämpfe des Ersten Weltkriegs wagten. Als Jagdpilot der deutschen Luftwaffe hatte er dann gleich ein traumatisches Erlebnis: Abschuss und Nervenzusammenbruch. Das Ende einer Fliegerkarriere? Keineswegs. Jetzt legte Ernst Udet erst richtig los. Und da die Luftkrieger wie die Revolverhelden im Wildwest-Film ihre besiegten Feinde akkurat zählten, weiß die Nachwelt genau, auf wie viele Abschüsse Jagdpilot Udet es im Laufe des Krieges brachte: auf stattliche 62.
Das war auch nach den Maßstäben der tollkühnen Kampfpiloten jener Jahre eine stolze Zahl. Aber Udet wurde nur das, was man im Sportjargon etwas locker den „zweiten Sieger“nennt. Denn ein Offizierskamerad der Lüfte brachte es auf unglaubliche 80 Treffer. Das war, der Kenner weiß es, der „rote Baron“, also Freiherr Manfred von Richthofen. Immerhin hatte Udet dem roten Baron eines voraus: Er überlebte die Luftkämpfe dieses Krieges.
Manfred von Richthofen wurde im letzten Kriegs-Frühjahr vom Glück verlassen. Bei einem Einsatz mit seinem knallroten Fokker-Dreidecker – auf Tarnung legte man damals keinen Wert – wurde er über Frankreich abgeschossen. Um den Ruhm, den gefürchteten „Baron“zur Strecke gebracht zu haben, stritten sich dann mehrere alliierte Flieger.
Ernst Udet hatte das zweifelhafte Glück, dann noch einmal für Nazi-Deutschland Kriegsdienst zu leisten. Jetzt allerdings nicht mehr in der Luft, sondern am Boden. Schlimmer noch: in der Schreibstube. Diesen Dienst versah er zwar in herausragender Position, aber ausgesprochen glücklos. Der kühne Flieger von einst war als militärischer Organisator eine Fehlbesetzung. Er verzweifelte an dieser Funktion und nahm sich schließlich auf sicherem Boden selbst das Leben. Sein Freund Carl Zuckmayer erweckte Ernst Udet mit der Figur des General Harras zu neuem literarischen Leben: im Theaterstück „Des Teufels General“. Curd Jürgens machte ihn im Film noch bekannter. Aber es half nichts. Ernst Udet bleibt als Himmelsstürmer im Schatten des roten Barons.