Nach oben offen
Trend Die neuen Cabriolets sind vor allem eines: teuer. Was sie leisten, was sie kosten – und warum sie weniger werden
Das erste Auto war ein Cabrio, und Bertha Benz musste sich bei der Fahrt im Patent-Motorwagen ihres Mannes Carl warm anziehen. Genau wie viele tausend Autofahrer nach ihr. Denn über lange Jahre waren die Autos offen, und man musste für eine geschlossene Karosserie tief in die Tasche greifen. Heute ist das genau andersherum, und offene Autos sind ein teures Vergnügen. Denn die meisten neuen Modelle kommen von Oberklasse- und Sportwagenherstellern. Ein Überblick.
So wird der neue BMW Z4 mit einem stolzen Grundpreis von zunächst 40 950 Euro zur billigsten offenen Neuheit, wenn er mit einem 197 PS starken Vierzylinder startet. Aber auch die Bayern wissen, wie man Frischluft zur Luxusware macht und bieten den zum Stoffdach zurückgekehrten Roadster auch als Sechszylinder mit 340 PS an, der dann schon 60 950 Euro kostet. Als zweite Frischluft-Premiere bringt BMW den neuen 8er als Cabrio. Er bietet unter seinem Stoffdach Platz für vier Personen, kommt mit sechs oder acht Zylindern von zunächst 320 bis 530 PS und kostet mindestens 108 000 Euro.
Um die gleiche Kundschaft buhlt womöglich auch Lexus: Die noble Toyota-Schwester hat dafür im Januar auf der Detroit Motor Show die Studie eines offenen LC gezeigt und US-Chef David Christ ließ bei der Enthüllung keinen Zweifel daran, dass die Serienfreigabe des 477 PS starken Luxusliners kaum mehr ist als eine Formalität und er spätestens zur Saison 2020 in Produktion geht.
Zwar bewegen sich die Bayern und die Japaner damit schon weit oben in der Oberklasse, markieren aber noch lange nicht die Spitze. Die nimmt der neue Bentley Continental ein, der ein Jahr nach der CoupéPremiere in diesem Sommer die Hüllen fallen lässt. Er startet zu Preisen ab 228 480 Euro zunächst wieder mit einem Zwölfzylinder von 635 PS und dürfte mit einem Spitzentempo von 333 km/h jede Föhnwelle auf eine schwere Probe stellen.
Wo BMW, Lexus oder Bentley bei aller Eile die eher lustvolle und luxuriöse Offenheit offerieren, locken eine Reihe von SportwagenNeuheiten vor allem mit Leistung an die frische Luft: Etwa der
911, der nur wenige Wochen nach dem Generationswechsel auch wieder als Cabrio kommt. Die achte Auflage des Klassikers fährt für einen Aufschlag von 14 000 Euro mit einem traditionellen Stoffverdeck vor und startet zunächst als 450 PS starker Carrera S mit Heck- oder Allradantrieb für mindestens 134 405 Euro.
Wem die 306 km/h Spitzentempo im Porsche noch nicht zugig genug sind, der muss entweder auf stärkere Motorvarianten warten oder zu McLaren wechseln. Denn die Briten haben in dieser Saison gleich zwei neue Spider am Start. In der Sports Series gibt es für 250 000 Euro den offenen 600LT mit 600 PS und 324 km/h Spitze. In der Super Series für noch einmal mindestens 30 000 Euro mehr steht der 720S mit einem in nur elf Sekunden versenkbaren Karbondach parat. Sein 4,0 Liter großer V8-Motor leistet bis zu 720 PS und soll den offenen Sportler maximal 341 km/h schnell werden lassen können.
Luxuriöse Viersitzer und sportliche Spider – den Besserverdienern ist der Platz an der Sonne auch in diesem Jahr sicher. Doch wer in halbwegs bürgerlichen Preisregionen nach Frischluft giert, der muss entweder mit älteren Modellen vorliebnehmen oder sich noch ein wenig in Geduld fassen. Denn erst im Herbst kommt von VW ein neues Cabrio, das zumindest dem Preis nach eine breitere Zielgruppe ansprechen könnte. Dafür allerdings ist das Konzept so eigenwillig, dass es ein wenig Gewöhnung erfordert: Denn statt eines offenen Golfs oder Käfers bringt VW auf Basis des T-Roc sein erstes SUV-Cabrio.
Dass sich die Hersteller mit offenen Autos gerade etwas schwertun, hat neben der nachlassenden Faszination fürs Fahren vor allem zwei weitere Gründe, sagt der Kölner Cabrio-Experte Paolo Tumminelli: Da sei zum einen die Unsicherheit, die in den vergangenen Jahren zum gesellschaftlichen Grundgefühl aufgestiegen sei: „Man beansprucht medizinisch wie politisch Bestandsschutz: Vom Helm auf dem Fahrrad zur UV-Weste am Strand, vom Superfood zum CO , immer fühlt man sich gezwungen, korrekt zu handeln“, sagt der Design-Professor. „Das Steuern eines offenen Autos widerspricht diametral dieser Lebenseinstellung.“