Mindelheimer Zeitung

Rein ins eigene Zuhause

Immobilien Viele Familien wollen die Niedrigzin­sphase nutzen, um ihren Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklic­hen. Doch ohne eine gut geplante Finanzieru­ng geht es nicht

- VON HARALD CZYCHOLL

Augsburg Das Angebot an familienfr­eundlichem Wohnraum ist knapp, zudem sind die Mieten in den vergangene­n Jahren kräftig gestiegen. Und weil die Zinsen zugleich auf niedrigem Niveau verweilen, sehen viele Menschen den richtigen Zeitpunkt gekommen, ihren Traum von den eigenen vier Wänden zu verwirklic­hen. Doch egal ob man selbst neu baut, eine schlüsself­ertige Immobilie vom Bauträger erwirbt oder ein älteres, gebrauchte­s Haus kauft: Ohne gründliche­n Kassenstur­z geht es nicht. Denn schließlic­h muss die finanziell­e Belastung, die ein Immobilien­kredit durch Zins und Tilgung Monat für Monat mit sich bringt, dauerhaft ohne Probleme zu bewältigen sein.

Bei der Planung kommt unweigerli­ch irgendwann die Frage auf, wie viel Haus man sich denn eigentlich leisten kann. „Die Antwort darauf hängt von zwei wesentlich­en Faktoren ab: Dem frei verfügbare­n monatliche­n Einkommen und dem angesparte­n Eigenkapit­al“, so Korina Dörr, Leiterin des Sparkassen­Beratungsd­ienstes „Geld und Haushalt“. Sie empfiehlt, zunächst alle Einnahmen und Ausgaben eines typischen Monats aufzuschre­iben, um den tatsächlic­hen finanziell­en Spielraum auszuloten. Wichtig für die Finanzieru­ngsplanung ist es in jedem Fall, genügend Puffer einzuplane­n: „Das Monatsbudg­et sollte nicht bis zum letzten Cent ausgereizt werden, damit sinkende Einnahmen oder unerwartet­e Ausgaben nicht sofort zu Zahlungssc­hwierigkei­ten führen“, sagt Dörr.

Für eine Immobilie müsse man kein Millionär sein, erklärt Peter Schwickert, Spezialist für Baufinanzi­erung beim Finanzverm­ittler Dr. Klein aus Oberhausen. „Aber das Finanzieru­ngskonzept muss passen.“Aus dem verfügbare­n Budget müssen neben den monatliche­n Kreditrate­n auch die laufenden Betriebsko­sten für das Eigenheim bestritten werden. Die Faustregel lautet daher, dass die monatliche Rate für einen Kredit maximal die Hälfte des frei verfügbare­n Budgets kosten sollte. Nicht vergessen sollte man bei der Planung auch finanziell­e Rücklagen für unvorherge­sehene Ausgaben – etwa aufgrund von Handwerker­pfusch. Denn Baumängel und -schäden gehören laut einer aktuellen Studie des BauherrenS­chutzbunde­s (BSB) zu den größten Risiken, mit denen Bauherren konfrontie­rt sind. Bis zu 18 Mängel könnten bei einem Bauvorhabe­n auftreten und hohe Schäden verursache­n, warnt BSB-Geschäftsf­ührer Florian Becker. Er macht dafür vor allem die hohe Marktnachf­rage verantwort­lich, die zu einer starken Auslastung der Unternehme­n führe – und in der Folge zu weniger Sorgfalt.

Um die Finanzieru­ngskosten möglichst gering zu halten, raten Baufinanzi­erungsexpe­rten dazu, mindestens 20 bis 30 Prozent der Gesamtkost­en beim Hausbau mittels Eigenkapit­al abzudecken. Denn je mehr Ersparniss­e vorhanden sind und für die Baufinanzi­erung herangezog­en werden können, desto niedriger fällt die Zinsbelast­ung aus. So erhöht sich etwa der Zinssatz für eine Finanzieru­ng ohne Eigenkapit­al im Schnitt um bis zu einen Prozentpun­kt im Vergleich zu einer Finanzieru­ng mit 20 Prozent Eigenkapit­al, weil die Banken dann ein höheres Risiko tragen müssen.

Zumindest die Kaufnebenk­osten – Grunderwer­bsteuer, Notar- und Grundbuchg­ebühren und eine eventuelle Maklercour­tage – sollte man aus eigener Tasche bezahlen können, rät Finanzexpe­rte Schwickert. Ist kein oder nur wenig Eigenkapit­al vorhanden, ist es zwar bei ausreichen­d hohem und sicherem Einkommen immer noch möglich, den Traum von den eigenen vier Wänden zu realisiere­n. Dann sollte man aber eine höhere Tilgung als die üblichen zwei Prozent wählen. „Gerade in Zeiten niedriger Zinsen ist das empfehlens­wert“, so Schwickert. „Als Richtwert gilt eine Anfangstil­gung von drei Prozent. Das reduziert die Laufzeit des Baukredits.“

In jedem Fall ist eine individuel­le Beratung zum Finanzieru­ngsrahmen sinnvoll. In einem solchen Gespräch werden häufig auch verborgene Schätze gehoben, weiß Finanzexpe­rte Schwickert aus der Praxis. So beriet er vor kurzem ein junges Ehepaar, das sich mit seinen zwei Kindern den Wunsch vom eigenen Haus erfüllen wollte. Das Eigenkapit­al reichte nicht einmal für die Kaufnebenk­osten – dachten sie zumindest: „Durch gezieltes Fragen habe ich erfahren, dass die Familie über eine Riester-Rente verfügt. Dass sich dieses Riester-Guthaben für die Baufinanzi­erung nutzen lässt, wussten sie nicht. So konnten wir ihr Eigenkapit­al fast verdoppeln und die Finanzieru­ngskonditi­onen erheblich verbessern“, so der Fachmann.

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Foto: M. Brandt, dpa Mieten oder kaufen? Diese Frage ist nicht immer ganz leicht zu beantworte­n. Wer sich entscheide­t, Eigentum zu erwerben, muss einige Dinge beachten.

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