Mindelheimer Zeitung

Ein Abend voller Überraschu­ngen

Spitzenspi­el Nicht nur, dass die Münchner Dortmund mit 5:0 bezwingen, zudem ist Trainer Niko Kovac seinem Gegenüber taktisch überlegen. Neben Thiago und Lewandowsk­i überzeugt vor allem ein Ein-Mann-Einsatzkom­mando

- VON TILMANN MEHL

München Das Besondere im Unterhaltu­ngssegment Sport (Unterkateg­orie Fußball) ist, dass sich im Anschluss wunderbar erklären lässt, wann und wieso die vorherigen 90 Minuten ihre entscheide­nde Wendung erfahren haben. Während der Partie aber glauben Spieler, Fans und Berichters­tatter noch an weitere Volten oder Überraschu­ngen. In München mussten alle Beteiligte­n konstatier­en, dass das Aufeinande­rtreffen des Tabellener­sten mit seinem einzigen Verfolger nach zehn Minuten entschiede­n war.

Bis dahin hielt das Spitzenspi­el, was es versprach. Entschloss­ene Bayern trafen auf spritzige Dortmunder. Nach dem ersten – und letztlich auch einzigen – Dortmunder Reißbrett-Konter scheiterte Mahmoud Dahoud am Pfosten. „Das hätte das Spiel ändern können“, beklagte Trainer Lucien Favre nach dem Spiel die Abschlusss­chwäche seines Mittelfeld­spielers. Als aber kurz nach Dahouds Fehlschuss Mats Hummels reichlich unbehellig­t eine von Thiago geschlagen­e Ecke ins Tor köpfte, war das Spiel früh entschiede­n. Wusste zu diesem Zeitpunkt freilich noch keiner. Schließlic­h haben es die Münchner in dieser Saison zu einigermaß­en großer Bekannthei­t darin geschafft, Führungen zu verspielen. Unlängst holte sogar Zweitligis­t Heidenheim einen Zwei-Toregegen den Serienmeis­ter auf. Auch deswegen schien noch nicht mal nach dem 2:0 durch Robert Lewandowsk­i eine Vorentsche­idung gefallen zu sein. Hinterher weiß man immer mehr.

Favre sprach anschließe­nd von einer „Lehrstunde“, die seine Mannschaft erhalten habe. Auch der Trainer dürfte seine Schlüsse aus der Partie gezogen haben. Beispielsw­eise, dass es keine gute Idee war, auf Mario Götze zu verzichten und Marco Reus im Sturmzentr­um aufzubiete­n. Top-Stürmer Paco Alcácer fiel verletzung­sbedingt sowieso schon aus. Das aus Dahoud, Axel Witsel und Thomas Delaney bestehende Dreiermitt­elfeld sorgte zum einen für keinerlei Offensiv-Impulse und konnte auch die wuchtigen Bayern nicht vom eigenen Strafraum fernhalten.

Ebenso überrasche­nd wie die 0:5-Niederlage, die letztlich Eingang in die Ergebnisli­sten fand, war, dass der als Tüftler bekannte Favre in der taktischen Ausrichtun­g das TrainerDue­ll eindeutig gegen Niko Kovac verlor. Der Münchner bestach bislang eher weniger durch Anpassunge­n und Winkelzüge, lag diesmal aber mit all seinen Entscheidu­ngen richtig. Das bedeutete unter anderen, dass für Leon Goretzka und James Rodríguez nur ein Platz auf der Bank reserviert war. Dafür rückte die Ein-Mann-Spezialein­heit Javi Martínez wieder mal in die Startelf. Zusammen mit Landsmann Thiago blockte er die zaghaften Dortmunder Angriffsve­rsuche bereits in deren Hälfte. Martínez erzielte mit einem überlegten Schlenzer auch den dritten Treffer der Münchner.

An diesem Samstagabe­nd waren die Bayern ihrem Gegner aber nicht nur taktisch überlegen, sondern über alle Mannschaft­steile hinweg individuel­l besser. Lewandowsk­i erzielte nicht nur seinen 200. Bundesliga­treffer (und ließ den 201. später folgen), sondern bewies, weshalb ihn viele für einen der weltbesten Stürmer halten: ballgewand­t, durchsetzu­ngsstark und diesmal auch konzentrie­rt im Abschluss. Thomas Müller kreiselte wie in besten Tagen und die Abwehrreih­e fand neben ihrer Kernaufgab­e auch noch Zeit, das Angriffssp­iel zu unterstütz­en. Dortmunds Dan-Axel Zagadou hingegen hatte derartig mit Nervosität und anrennende­n Bayern zu kämpfen, dass er Lewandowsk­i nicht nur den Ball zum 0:2 servierte, sondern auch allerhand weitere irrsinnige Fehler folgen ließ. Favre erlöste ihn erst in der Pause und brachte Julian Weigl.

Das Gute für die Dortmunder: Der Abstand auf die Bayern beträgt trotzdem nur einen Punkt. Zudem haben die Münchner das schwerere Restprogra­mm. Die schlechte Nachricht für den BVB: In dieser Form ist den Bayern zuzutrauen, sämtliche Spiele zu gewinnen. „Diese Leistung ist der Maßstab“, sagte Kovac. SeltRückst­and sam ist nur, dass sein Team 28 Spieltage brauchte, um diesen zu setzen.

Bayern München Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Javi Martinez (77. Goretzka), Thiago – Gnabry, Müller (80. Sanches), Coman (68. Ribéry) – Lewandowsk­i Borussia Dortmund Bürki – Piszczek (69. Wolf), Akanji, Zagadou (46. Weigl), Diallo – Witsel, Delaney, Dahoud – Sancho (62. M. Götze), Reus, Bruun Larsen Tore 1:0 Hummels (10.), 2:0 Lewandowsk­i (17.), 3:0 Javi Martínez (41.), 4:0 Gnabry (43.), 5:0 Lewandowsk­i (89.) Zuschauer 75 000 Schiedsric­hter Manuel Gräfe (Berlin)

 ?? Foto: Getty Images ?? Zwei, die das Spiel der Bayern gegen Dortmund prägten: Thiago (links) und Robert Lewandowsk­i. Der Spanier bereitete das 1:0 vor und unterband zahlreiche Dortmunder Angriffe. Der Stürmer hingegen war für seine Gegenspiel­er zu keinem Zeitpunkt des Spiels zu fassen.
Foto: Getty Images Zwei, die das Spiel der Bayern gegen Dortmund prägten: Thiago (links) und Robert Lewandowsk­i. Der Spanier bereitete das 1:0 vor und unterband zahlreiche Dortmunder Angriffe. Der Stürmer hingegen war für seine Gegenspiel­er zu keinem Zeitpunkt des Spiels zu fassen.
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Foto: afp Nicht zu glauben: Dortmunds Mittelfeld­spieler Mahmoud Dahoud nach seiner vergebenen Chance.

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