Eine coole und herausragende Sängerin
Jazz isch Rebekka Bakken bietet in der Dampfsäg einen Abend voller musikalischer Strahlkraft
Sontheim Zwischen Wien und Linz hat Veranstalter Peter Schmid Rebekka Bakken für sein „Jazz isch!“Festival buchen können, ein großes Glück für alle Beteiligten. Bakken lockte am Samstagabend rund 300 Gäste aus nah und fern in die schon lang im Vorfeld ausverkaufte Dampfsäg nach Sontheim, die sich wie stets als perfekter Ort für große Musik entpuppte. Die Norwegerin, die hervorragendes und so unerhört charmantes Deutsch spricht, ließ ihrer Band einen minimalen Vorsprung und ließ sich den Weg auf die Bühne musikalisch bereiten. Als Rebekka Bakken dann über die Treppe auf die Dampfsäg-Bühne kommt, lässig noch die große schwarze Strickjacke über ihrer gelben Bluse, noch lässiger die voluminösen Haare, hat man als Zuschauer schon eine Ahnung. Als sie sich dann in den lässigen Flow ihrer Band mit ihrer Stimme eingroovt und zu singen beginnt, ist schnell klar – Rebekka Bakken wird alle umhauen im Raum.
Daran bestand kein Zweifel, mit ihrer Stimme, die Soul und Blues und auch Country-Elemente verbindet, mit ihren Songs, die von Liebe und der Zeit danach erzählt, aber auch von ihrem Vater oder dem Traumland Schweden, und natürlich auch mit ihrer großartigen Band. Selten trifft ein Wort so sehr den Kern: Coolness. Der CoolnessFaktor der fünfköpfigen Formation ist außerordentlich, womöglich gehört Bakken sogar zu den coolsten Parts überhaupt bei „Jazz isch!“in den vergangenen Jahren. Ihre Stimme reicht über drei Oktaven, sie ist mal von durchdringender Klarheit, dann wieder rauchig, um im nächsten Song eine Sinnlichkeit anzuschlagen, die einem die Sprache verschlägt.
Traditionelle, norwegische Kirchenlieder erzählt Rebekka Bakken, die so gern zwischen ihren Songs Geschichten erzählt, seien ihre Wurzeln. Sie erzählt also von ihrer Mutter, mit der sie sonntags immer in die Kirche gehen musste als Kind, wo es eher langweilig war. Aber dann als die Musik sich erhob, da sei es um sie geschehen gewesen. Einen dieser Songs trägt sie vor, nahezu unbeweglich steht sie, verschwindet in diesen Klängen, die sphärisch von ihrer Band umhüllt in die Höhe streben. Ebenso ergreifend ihr Song über ihren Vater, der nie ein Mann großer Worte gewesen sei und mit dem sie sich so gern unterhalten hätte. Sie meistert diesen Bogen von bewegender Rührung mitten ins Herz hin zu ihrer energieübersprudelnden Lebendigkeit und Lässigkeit, wenn sie etwa von der Krux erzählt, sich schminken zu müssen, aber eigentlich dafür bereits eine Brille zu brauchen, „Powder Room Collapse“heißt der Song.
Über die Liebe singe sie auch gern, weil sie sich so gern verliebe, immer wieder. Schlimm sind nur die neuen Freundinnen, denen sie einen eher bösen Song widmet. Dass Bakken so gern erzählt und dabei unauffällig Deutsch und Englisch mischt, lässt unmittelbar die Grenzen zwischen Publikum und Bühne schwinden, da entsteht sofort eine enge Verbindung, man glaubt sich ihr nah und fällt in diese großartige Stimme hinein, die gerade noch zum Lachen oder Weinen gebracht hat. „War es nur eine Luftspiegelung oder sehe ich einen Weißwein aus dem Fass?“, fragt sie irgendwann unvermittelt, denn sie gehöre nun einmal nicht zur „Grüner Tee ist cool-Fraktion“, nein, da sei sie strikt dagegen, sagt sie lachend. Selbstverständlich bekam sie ihr Glas Wein, ziemlich sicher aber hätte beinahe jeder seinen Wein oder das Bier mit ihr geteilt. Sie kann das eben – herumalbern und im nächsten Moment herausragende Sängerin sein, sie ist schlicht eine absolut coole Frau. Bakken vermag in ihrer unaufgesetzten, lockeren Art musikalische Perfektion als „best friend“zu bieten, ein Phänomen. „Things You Leave Behind“lautet der Titel der aktuellen CD der Norwegerin, Dinge, die man hinter sich lässt … Rebekka Bakken lässt einen Abend zurück im Gedächtnis voller musikalischer und mitreißend erfrischender Strahlkraft. Bereits nach dem offiziellen Konzertende gab es Standing Ovation, zweimal holte das begeisterte Publikum die Sängerin mit ihrer Band zurück.