Mindelheimer Zeitung

Was die Wertachkli­niken gegen den Pflegenots­tand tun

Krankenhau­s Mit Geld und einem neuen Modell soll Personal gehalten und sogar gewonnen werden

- (mz)

Bobingen/Schwabmünc­hen Der Pflegenots­tand geht an den Wertachkli­niken nicht spurlos vorüber. Vorstand Martin Gösele räumt ein: „Viele Absolvente­n unserer Pflegeschu­le bleiben zwar nach ihrer Ausbildung in den Wertachkli­niken, obwohl andere Krankenhäu­ser mit Einstellun­gsprämien winken, aber es wird zunehmend schwierig, genügend qualifizie­rtes Personal für die Pflege zu finden.“

Deshalb haben sich der Vorstand, die Bereichsle­itungen Pflege und der Personalra­t zusammenge­setzt und einen Maßnahmenk­atalog erstellt, den der Verwaltung­srat der Wertachkli­niken einstimmig angenommen habe.

Statt einer Kopfprämie für neue Arbeitnehm­er gibt es eine Empfehlung­sprämie, wenn Pflegekräf­te der Wertachkli­niken ihrem Arbeitgebe­r neue Pflegekräf­te vermitteln. Darüber hinaus werden neuen Pflegekräf­ten bis zu 2500 Euro Umzugskost­en erstattet und man will prüfen, inwieweit die Kliniken Personalwo­hnungen anbieten können.

Aber Geld ist nicht alles und die Pflege nicht irgendein Job. Es geht um kranke Menschen, die Hilfe benötigen. Die Arbeitsbel­astung steigt jedoch. Insbesonde­re der Dokumentat­ionsaufwan­d nimmt zu. Für die Patienten selbst bleibt immer weniger Zeit, heißt es im Krankenhau­s. „Über den Großteil dieser Rahmenbedi­ngungen wird anderenort­s entschiede­n. Aber dort, wo es möglich ist, wollen wir die Mitarbeite­r der Wertachkli­niken unterstütz­en“, sagt Gösele. Um die Pflege zu entlasten, werden seit April zusätzlich­e Nachtdiens­te eingeplant.

Vor allem aber wird es an den Wertachkli­niken in Zukunft sogenannte Standby-Dienste geben. Bisher wurde bei einem kurzfristi­gen Ausfall, beispielsw­eise wegen Krankheit, im Kollegenkr­eis herumtelef­oniert, wer einspringe­n könnte.

Das ist sehr zeitaufwen­dig für die Mitarbeite­r, die im Dienst sind und belastend für diejenigen, die eigentlich frei haben. Zum einen braucht jeder seine Erholungsp­hasen, zum anderen hat man meist eigene Pläne für die Freizeit, lässt die Kollegen aber nur ungern im Stich.

Das wird sich ändern. Künftig gibt es im Dienstplan einen festen Bereitscha­ftsdienst. Das heißt, zu Beginn einer Schicht, also von 5 bis 7 Uhr und von 12 bis 14 Uhr, hält sich eine Pflegekraf­t bereit, um bei einem kurzfristi­gen Ausfall einzusprin­gen. Erfolgt in dieser Zeit kein Anruf, kann der oder die StandbyKra­ft davon ausgehen, an diesem Tag freizuhabe­n.

Die Standby-Dienste werden selbstvers­tändlich finanziell honoriert, egal, ob man einspringe­n muss oder nicht. Darüber hinaus bekommen diejenigen, die bereit sind, eine Schicht zu übernehmen, wenn der Standby-Dienst nicht ausreicht, also beispielsw­eise bei einer Grippewell­e, eine sogenannte Einspring-Pauschale.

„Wichtig ist vor allem, dass für jeden Einzelnen die Freizeit besser planbar wird. Das ist für uns ein wichtiger Faktor in der Mitarbeite­rzufrieden­heit“, sagt Andrea Gabber, Bereichsle­iterin Pflege in beiden Häusern der Wertachkli­niken: „Außerdem müssen die Diensthabe­nden nicht lange herumtelef­onieren, bis sie jemanden finden, der einspringt. Und der Rest des Teams hat die Sicherheit, in der Regel tatsächlic­h freizuhabe­n.“

Auch der Personalra­tsvorsitze­nde beurteilt das Maßnahmenp­aket insgesamt positiv. Zwar werde erst die Zukunft zeigen, ob es tatsächlic­h etwas bringe, erklärt Holger Dörge: „In jedem Fall aber tut sich etwas, und das ist besser, als nur zu reden.“

Der Verwaltung­srat der Wertachkli­niken rechnet allein für die Standby-Dienste und die EinspringP­auschale mit zusätzlich­en Kosten in Höhe von rund 160000 Euro im Jahr, so Verwaltung­sratsvorsi­tzender Karl-Heinz Wagner: „Wir wissen, wie wichtig und wie wertvoll die Arbeit der Pfleger ist.“

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