„Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer“
Jochpass Anwohner klagen über Lärm und sollen jetzt entlastet werden. Künftig gilt: Schneller als mit Tempo 60 darf auf der kurvigen Bergstrecke zwischen Bad Hindelang und Oberjoch keiner mehr unterwegs sein
Bad Hindelang 104 Kurven auf einer Länge von knapp sechs Kilometern. Der Jochpass in Bad Hindelang gilt unter Motorradfahrern als Eldorado. Auf der Bundesstraße ist bisher Tempo 100 erlaubt. Aber das ändert sich jetzt: Ab April, wenn die neuen Schilder stehen, gilt ein Limit von 60 km/h (wir berichteten kurz). „Ich hoffe, dass die Motorradfahrer dann nicht mehr so aufdrehen“, rechnet Albert Landgraf mit weniger Lärm.
Der 78-Jährige wohnt seit 40 Jahren unterhalb des Jochpasses im Ortsteil Bad Oberdorf und hat das Gefühl: „Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer.“Kilometerweit sei am Wochenende das Dröhnen der Motoren zu hören. „Wenn nur einer fährt, ist das kein Problem. Aber die treffen sich in Bad Hindelang und heizen dann im Pulk den Pass hoch und auch wieder runter – immer wieder“, sagt eine Anwohnerin.
Die Sonthofener Polizei hatte vergangenen Sommer die Maschinen verstärkt auf Manipulationen überprüft – mit Unterstützung der Motorrad-Kontrollgruppe. Die entzieht schon mal die Betriebserlaubnis, wenn Umbauten entdeckt werden. Beliebt seien Veränderungen am Auspuff, sagt Armin Hölzler, Leiter der Polizeiinspektion Sonthofen. Manches Motorrad sei so laut wie ein Presslufthammer – und schnell wie ein Rennwagen.
Mit Tempo 137 wurde von der Polizei der schnellste Motorradfahrer 2018 auf der Passstraße gemessen. Am vergangenen sonnigen Wochenende wurden wieder zwölf Motorradfahrer angezeigt: Sie waren im Überholverbot (gilt auf der gesamten Strecke) mit Vollgas an Autos vorbeigezogen und „müssen nun ein Bußgeld von 70 Euro plus 28,50 Euro Verwaltungsgebühr bezahlen“. Dazu kommt ein Punkt in der Verkehrssünderkartei.
Mit der Raserei geht auch ein hohes Unfallrisiko einher: 2018 gab es elf Motorradunfälle mit zwölf Verletzten – und viele Streifzusammenstöße, die der Polizei nicht immer gemeldet werden. Denn die Straße ist eng. „Nur sechs Meter breit, so wie das Mindestmaß bei Kreisstraßen“, sagt Sebastian Zeiger vom Staatlichen Bauamt.
Und weil der Jochpass als Unfallschwerpunkt gilt, gibt es regelmäßig Gespräche mit der Polizei und dem Landratsamt, um die Situation zu verbessern. So wurden vergangenes Jahr Plakate für Motorradfahrer mit der Aufschrift „Bitte leise fahren“montiert. Jetzt werden weitere große Tafeln aufgestellt, die aufs Überholverbot und die neue Höchstgeschwindigkeit 60 hinweisen. „Gut und richtig“findet das Stefan Ziegerer von der Jugend-Ausbildungsstätte des Deutschen Alpenvereins am Fuße des Jochpasses. Denn Raser würden die Übernachtungsgäste gefährden, wenn sie zur Bushaltestelle über die Straße laufen. Ziegerer: „Bis jetzt ist dort nur ein Schild mit der Aufschrift, Vorsicht Kinder’“. Auch fluoreszierende Richtungstafeln montiert die Straßenmeisterei demnächst an Kurven und spritzt auf Teilstrecken eine durchgehende Linie auf – allerdings erst im Oktober zum Jochpassmemorial. Dann bleibt die Passstraße einige Tage gesperrt. Bei der OldtimerVeranstaltung sollen dieses Jahr erstmals Dezibel-Grenzen eingeführt werden, um den Lärm zu reduzieren.