Wie dieser Metzger zum Tierschützer wurde
Lebenswandel Ein Bad Grönenbacher lebt seit einigen Jahren vegan – und macht Schlagzeilen mit einem „Mord“-Video
Bad Grönenbach Mit ihrem Video „Metzger gegen Tiermord“sorgen fünf Männer aus Deutschland und der Schweiz im Netz für Furore. Einer davon stammt aus dem Unterallgäu. Phil Hörmann (35) aus Bad Grönenbach hat den Metzgerberuf erlernt. Heute bereut er jeden Tag an der Schlachtbank. Er lebt vegan und kämpft für Tierrechte.
Das Video kostete keinen einzigen Euro. Aber es verzeichnet eine größere Resonanz als manche teure Kampagne. Über 135000 Aufrufe hat das Video „Metzger gegen Tiermord“, das Hörmann im Januar auf seinem Facebook-Profil gepostet hat. Darin erzählen fünf Männer, die alle einst Tiere schlachteten, weshalb sie heute vegan leben. Die Botschaft: „Das kannst auch Du“verbreitete sich rasant. Der Beitrag wurde mehrere tausend Mal geteilt.
„Für uns ist es ein toller Erfolg. Wir wollen die Menschen ermutigen, über ihre Gewohnheiten nachzudenken. Das Wohl der Tiere wird viel zu oft vergessen“, sagt Hörmann. Der gelernte Metzger und heutige Tierschützer stieß in den sozialen Netzwerken auf vier Männer mit ähnlichem Werdegang. „Jeder drehte seinen Part in seiner privaten Umgebung. Am Schluss habe ich es von einem befreundeten Filmproduzenten kostenlos zusammenschneiden lassen.“
Hörmann war bis vor drei Jahren ein „extremer Fleischesser“. Heute lebt er vegan und engagiert sich in der Soko Tierschutz. Der Verein mit Sitz in München sorgte mit Undercover-Aufnahmen von Missständen in Schlachthöfen bundesweit für Schlagzeilen. „Es gibt keinen ‘humanen’ Schlacht-Tod und keinen Tiertransport ohne Gewalt. Tierhaltung ist immer Ausbeutung“, ist er überzeugt. Mit dem Metzgerbeil zerlegt der kräftige Mann nur noch Obst, Gemüse und Tofu.
In jungen Jahren war das anders. Hörmann, der auf einem Hof aufwuchs, war begeisterter Jäger und machte eine Metzgerlehre bei einem kleineren Betrieb. An Schlachttagen tötete er schon mal 20 Tiere. Ohne mit der Wimper zu zucken. Damals. „Heute tut mir das leid“, sagt Phil Hörmann. „Manchmal sehe ich Fehler, die ich beim Schlachten gemacht hab, vor mir. Zum Beispiel einen verunglückten Bolzenschuss. Damit habe ich Probleme.“
Zwar arbeitete Hörmann nach seiner Ausbildung nicht als Metzger weiter. Doch der Tierschutz spielte dabei keine Rolle. Er fand, dass die harte Arbeit zu wenig Geld einbrachte. Er wurde Maurer und übernahm nebenzu Hausschlachtungen auf Höfen in der Umgebung. Wenn er gerufen wurde, funktionierte er. „Anders geht es nicht. Wie soll ich ein Tier erschießen, wenn ich Gefühle zulasse? Man wächst in dieses System rein“, erinnert er sich.
Die Wende kam erst im Sommer 2015. Hörmann arbeitete längst in seinem dritten Beruf: als Berufsfeuerwehrmann. Zum Ausgleich für seinen aufreibenden Job begann er auf dem elterlichen Anwesen 30 Freiland-Schweine zu halten. „So oft es ging, habe ich mit ihnen Zeit verbracht. Manche konnten schon bald Stöckchen apportieren. Diese Nähe hatte ich vorher nie zu Tieren.“Sie veränderte seine Einstellung. Als er sie für seine Kunden zum Schlachten fahren wollte, brachte er es nicht übers Herz. Sein Vater musste ihn beim Transport unterstützen.
„Mir erschien das Töten von Tieren auf einmal völlig absurd“, erinnert sich Phil Hörmann. Er zog die Konsequenz und verzichtet seither auf Fleisch. Ein Jahr später wurde er Veganer. „Was früher meine Beilage war, ist heute mein
Weil es ihm plötzlich absurd erschien, Tiere zu töten, verzichtet er auf Fleisch
Hauptgericht“, sagt er schmunzelnd. „Aber für mich ist das kein Verzicht, sondern eine Bereicherung. Mein Leben fühlt sich besser an.“
Die vegane Küche sei besser als ihr Ruf. Das hat er häufiger festgestellt, wenn er Freunde zum Chili sin Carne oder Spaghetti Bolognese einlädt: „Keiner beschwert sich, dass da veganes Hack mit Soja oder Erbsen drin ist. Vom Geschmack gibt es keinen gravierenden Unterschied zum Hackfleisch.“
Für seine Haltung ernten Hörmann und die vier anderen viel Respekt. „Wir kommen nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit unserer Erfahrung.“Dass der Drang nach Fleisch dem Menschen quasi in die Wiege gelegt worden sei, glaubt er nicht: „Fragen Sie ein Kind, was es lieber essen will: einen Apfel oder einen Hasen?“