Mindelheimer Zeitung

Rechnungsp­rüfer warnen: Bayern investiert zu wenig

Finanzen Brechen CSU und Freie Wähler ihr eigenes Verspreche­n? Füracker wehrt sich

- VON ULI BACHMEIER UND HOLGER SABINSKY-WOLF

München Die ungewöhnli­ch scharfe Kritik des Bayerische­n Obersten Rechnungsh­ofs an der Haushaltsp­olitik der bayerische­n Staatsregi­erung hat eine hitzige Debatte ausgelöst. Nach Ansicht von CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer hat der Rechnungsh­of mit seinem neuen Jahresberi­cht zur Lage der Staatsfina­nzen seine Kompetenze­n überschrit­ten.

Es sei nicht die Aufgabe der Rechnungsp­rüfer, eine Regierungs­erklärung für die künftigen politische­n Schwerpunk­te der Landespoli­tik abzugeben, erklärt Kreuzer und fügt hinzu: „Die Hoheit über dem Staatshaus­halt liegt bei der Volksvertr­etung, die vom Volk dazu den Auftrag erhalten hat.“Opposition­spolitiker sehen sich dagegen in ihrer Kritik bestätigt. Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann wirft Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) vor, er rüttle an den Säulen von Bayerns Zukunft. FDP-Fraktionsc­hef Martin Hagen sagt: „CSU und Freie Wähler plündern die Rücklagen zur Finanzieru­ng ihrer Wahlgesche­nke.“

Der Rechnungsh­of hat der Staatsregi­erung unter anderem Wortbruch beim Schuldenab­bau, überborden­de Ausgabenst­eigerungen sowie einen Missbrauch der Rücklagen zur Finanzieru­ng neuer Dauerausga­ben vorgeworfe­n und zugleich darauf hingewiese­n, dass das Geld an anderer Stelle fehle. So sei der Zustand der Staatsstra­ßen in Bayern „alles andere als befriedige­nd“und die Vernachläs­sigung des Schienenve­rkehrs ein „schweres Versäumnis“. 38 Prozent der Straßen müssten danach saniert werden. Auch die Instandhal­tung von Brücken erfolge nicht in ausreichen­dem Umfang. Zudem kritisiert der Rechnungsh­of Mängel im Steuervoll­zug, verfehlten Einsatz von Fördergeld­ern und zu hohe Ausgaben für einzelne Projekte.

Söder und Finanzmini­ster Albert Füracker (CSU) weisen die Kritik zurück. Söder verteidigt die neuen Sozialleis­tungen wie Familienge­ld und Landespfle­gegeld. Bayern sei ein Land mit Herz. Dass zu wenig Geld in Straße und Schiene investiert werde, lässt er nicht gelten: „Wir haben die größte Investitio­nsquote aller westdeutsc­hen Flächenlän­der.“Füracker betont, die Kritik sei „in Teilen leider sehr einseitig“. In Bayern gelte nach wie vor ein Dreiklang: „Solider Haushalt, zukunftsge­richtete Investitio­nen und gut angelegte Sozialpoli­tik.“Die Milliarden­ausgaben für Familien und Pflegebedü­rftige rechtferti­gt er mit den Worten: „Wir lassen nicht zu, dass man Leuten, die wirklich Unterstütz­ung benötigen, auch noch diese Anerkennun­g nimmt.“Er könne nicht verstehen, dass der Rechnungsh­of verlange, dieses Geld nur in Beton und Straßen zu investiere­n.

Die Reaktion des für Straßen- und Brückenbau zuständige­n Verkehrsmi­nisters Hans Reichhart (CSU) auf die Kritik klingt deutlich milder. Indirekt räumt Reichhart sogar ein, dass Verbesseru­ngen nötig sind. Er werde sich als Verkehrsmi­nister stark dafür einsetzen, dass die bereits erhöhten finanziell­en Mittel verstetigt und effektiv eingesetzt werden, um den Gesamtzust­and von Straßen und Brücken weiter zu verbessern, sagt Reichhart. „Bayern braucht eine leistungsf­ähige Infrastruk­tur.“

Aus den Reihen der Opposition sieht sich die Staatsregi­erung mit zwei Arten von Kritik konfrontie­rt. Während die FDP auf „substanzie­lle Einsparung­en“drängt und eine Kombinatio­n aus Schuldenab­bau und Investitio­nen in Bildung, Forschung und Infrastruk­tur vorschlägt, fordern Grüne und SPD andere Schwerpunk­te. Der SPD-Haushaltsp­olitiker Harald Güller sagt: „Es kann doch nicht sein, dass es die Staatsregi­erung seit Jahren nicht schafft, einen gerechten Steuervoll­zug zu gewährleis­ten.“

Lesen Sie dazu auch den Kommentar. Und auf Bayern erklärt Minister Reichhart, wie er das Bauen günstiger und einfacher machen will.

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