Was Handschrift über den Charakter verrät
Graphologie Experten können aus der Schrift auf die Persönlichkeit schließen. Vor allem für Unternehmen ist das relevant
Augsburg Hier ein Haken, dort ein Bogen. Bei der Handschrift, das lernen schon Schulkinder, kommt es auf die Schönheit an. Die Devise lautet: Nur wer schön schreibt, kann leserliche Texte verfassen. Experten können aus der Handschrift eines Menschen sogar auf seine Persönlichkeit schließen.
Graphologen wie Helmut Ploog analysieren Handschriften und zeichnen daraus ein Charakterprofil. Er ist Schriftpsychologe und Vorsitzender des Berufsverbandes geprüfter Graphologen. Wenn er einen Text liest, geht es ihm nicht um den Inhalt, sondern um dessen Erscheinungsbild. Bei der Schriftanalyse unterscheiden Graphologen zwivier sogenannten Bindungsformen:
● Die Girlande zeichnet sich durch weite Bögen aus. Das „n“sieht aus wie ein „u“. Ploog erklärt: „Sie ist wie eine Schale. Das ist ein Hinweis auf Offenheit, Aufnahmefähigkeit und Freundlichkeit.“
● Winkel zeichnen sich durch starke Zickzacklinien bei Konsonanten aus. „Das deutet auf eine härtere Gangart hin. Winkelschreiber haben einen eckigen, kantigen Charakter.“Zudem seien sie weniger anpassungsfähig.
● Die Fadenschrift ist an flach gezogenen „m“und „n“zu erkennen. Wer so schreibt, „schlängelt sich halt so durch“, gilt als opportun und faul.
● Wer oben geschlossene „m“und „n“nutzt, schreibt oft in Arkaden und gilt als verschlossen, reserviert und zurückhaltend.
Neben den Bindungsformen untersuchen Graphologen insgesamt 20 Einzelmerkmale. Dazu zählen die Größe der Schrift, ob Groß- oder Kleinbuchstaben verwendet werden und ob in Druck- oder Schreibschrift geschrieben wird. Auch der Rhythmus und der Spannungsgrad einer Schrift sind entscheidend.
Wie auch sonst im Leben ist der erste Eindruck wichtig. Wirkt die Schrift eher form- oder bewegungsbetont? „Formbetonte Schriften wirken wie gemalt“, erklärt Ploog. Bewegungsbetonte Schriften seien hingegen schnell geschrieben und neigten nach rechts. Wer so schreibt, legt wenig Wert auf die äuschen ßere Form. Für Graphologen ist das ein Zeichen dafür, dass der Autor schnell vorankommen will.
Aus den verschiedenen Merkmalen erstellen Experten ein Porträt des Verfassers. Allerdings treffen diese Typologien nicht immer zu 100 Prozent zu. „Man kann den Menschen nicht umformen und auf eine Typologie anpassen. Man muss schauen, wie individuell jemand ist und wie man seine Person am besten darstellen kann.“
Zu Ploogs Kunden zählen Unternehmen, die anhand von Unterschriften mehr über Bewerber wissen wollen. Aber auch Privatpersonen reichen Handschriften ein: Partner, die wissen wollen, wie ihre Liebsten wirklich ticken. Oder Geschiedene, die die Wahrheit über ihren Ex erfahren wollen. Bei der Schriftanalyse gehe es aber nicht darum, Menschen schlecht darzustellen. Ploog sagt: „Wir wollen Gutachten machen, keine Bösachten.“
Können Bewerber ihre Handschrift verstellen, um beim künftigen Arbeitgeber besser anzukommen? In gewissem Maße ja: Die Schrift sollte schnell und vereinfacht sein, sich nach rechts neigen und dürfe nicht „rumstottern“.
Unterschiede zwischen Männern und Frauen sieht der Experte im Übrigen nicht mehr. Vor 60 Jahren sei das anders gewesen. Aber seitdem nicht nur Männer arbeiten gehen und Karriere machen, gleichen sich die Schriftbilder an. Auch, weil Frauen heute wesentlich mehr schreiben als früher.