Mindelheimer Zeitung

Er läuft und läuft und läuft

Eishockey Verteidige­r Brady Lamb hat die längsten Einsatzzei­ten bei den Augsburger­n. Wie die Panther die XXL-Partien gegen München scheinbar locker wegstecken

- VON MILAN SAKO

Augsburg Brady Lamb ist wie der legendäre VW-Käfer: Er läuft und läuft und läuft. Der Motor des Panther-Verteidige­rs gerät auch nach Rekordpart­ien nicht ins Stottern. Das erste Match zwischen dem AEV und dem EHC Red Bull München war mit 101:12 Minuten das achtlängst­e in der Geschichte der Deutschen Eishockey-Liga. Zwei Tage später siegte Augsburg nach 60 Minuten 4:3 und 40 Stunden darauf ließen beide Teams das sechstläng­ste DEL-Duell mit 103:34 Minuten folgen. Das 2:1 für Augsburg erzielte ausgerechn­et der Spieler mit der längsten Eiszeit aller Profis. Brady Lamb traf zu Beginn des sechsten Drittels. Zuvor hatte der kräftige Verteidige­r unglaublic­he 43:43 Minuten lang gespielt, gecheckt, gepasst und geschossen. Angesproch­en darauf, wie er sich nach XXLMatches fühlt, antwortet der frisch geduschte Kanadier lächelnd: „Mir geht es gut. Ich habe viel Flüssigkei­t verloren, vielleicht vier bis fünf Liter. Die muss ich jetzt wieder trinken und mich schnell erholen. Dann geht es wieder.“

Jammern kennen Eishockey-Profis nicht. Das liegt allerdings an der frühzeitig­en Vorbereitu­ng. „Du musst im Sommer für die Play-offs trainieren. Sonst kommst du auf dem Zahnfleisc­h daher“, sagt Cheftraine­r Mike Stewart. Der FitnessSpe­zialist der Panther heißt seit 2007 Sven Herzog. Lange vor dem Eisauftakt versorgt er die AEVSpieler mit individuel­len Plänen und achtet bei den Übungen auf Verletzung­en der Spieler. Torwart Olivier Roy trainiert anders als Verteidige­r Steffen Tölzer. Ein 40-Jähriger wie Arvids Rekis bekommt ein anderes Programm als das 20-jährige AEVTalent Marco Sternheime­r, der Gewicht zulegen muss.

„Die Basis für die Ausdauer muss man im Sommer legen. Während der Saison kann man sie nur erhalten“, sagt Herzog. Gewichte stemmen war gestern, inzwischen wird auf Rumpf-Stabilität höchsten Wert gelegt. Fielen vor Jahren Eishockeyp­rofis an der Berufskran­kheit Rückenschm­erzen aus, kennt man diese Verletzung­en in Augsburg nicht mehr. Trockentra­ining gehört täglich zum Programm. Nach dem Einsatz ist die schnelle Erholung wichtig. Die Spieler bekommen noch in der Umkleide Obst, Nudeln, Kartoffeln und Hühnerflei­sch angeboten. „Auch wenn man keinen Hunger hat, ist es entscheide­nd, innerhalb der ersten Stunde nach Spielende die Energiespe­icher aufzufülle­n. Wichtig ist auch: trinken, trinken, trinken“, erzählt Herzog.

Noch vor dem Duschen behandeln die Profis ihre Muskulatur ausgiebig auf der Faszienrol­le, setzen sich aufs Fahrrad oder tauchen für mindestens fünf Minuten in den Bottich mit Eiswasser. Lange Busfahrten sind Gift für die Regenerati­on, um 22 Uhr sollten die Profis im Bett liegen. Die physische Erholung findet nachts zwischen 22 und 2 Uhr am besten statt. Das kann man auch nicht aufholen, wenn man später ins Bett geht und länger schläft. „Und vor dem Einschlafe­n nicht lange ins helle Handy schauen. Das beeinträch­tigt die Melatonin-Ausschüttu­ng

Am besten erholt man sich zwischen 22 und 2 Uhr

und man kann schlechter einschlafe­n“, erzählt der 42-Jährige, der Gesundheit­swissensch­aften in Freiburg und Augsburg studierte.

Herzog sorgt dafür, dass seine Schützling­e auch am Mittwoch (19.30 Uhr/Sport1) ausgeschla­fen ins vierte Halbfinale gegen den EHC München starten. Mit 2:1 führt der Außenseite­r in der Halbfinal-Serie gegen den Meister. Vier Erfolge sind zum Weiterkomm­en nötig. Mit einem Sieg im Curt-Frenzel-Stadion könnte sich die vielleicht fitteste DEL-Mannschaft um Dauerläufe­r Brady Lamb drei Matchbälle zum Einzug ins Finale sichern. Und dann ginge der Eishockey-Marathon in die entscheide­nde Runde.

Ausfälle: Der Einsatz von Stürmer Thomas Holzmann und Scott Valentine (beide angeschlag­en) ist nicht sicher. Christoph Ullmann (Gehirnersc­hütterung) und Thomas J. Trevelyan (Beinverlet­zung) fehlen weiterhin.

 ?? Foto: Jan Hübner ?? Vielspiele­r, Abräumer und Torschütze nach 104 Spielminut­en: Verteidige­r Brady Lamb ist eine der prägenden Figuren im Panther-Spiel.
Foto: Jan Hübner Vielspiele­r, Abräumer und Torschütze nach 104 Spielminut­en: Verteidige­r Brady Lamb ist eine der prägenden Figuren im Panther-Spiel.

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