Mindelheimer Zeitung

Israel wählt wieder rechts

Korruption­svorwürfe können Regierungs­chef Netanjahu nicht stoppen

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Jerusalem Die Korruption­svorwürfe haben ihm letztlich nicht geschadet: Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu hat mit seiner konservati­ven Likud-Partei die Wahl in Israel hauchdünn gewonnen. Zusammen mit den kleineren rechten und strengreli­giösen Parteien kommt das Netanjahu-Lager nach Auszählung fast aller Stimmen sogar auf eine klare Mehrheit. Netanjahu wird damit voraussich­tlich seine fünfte Amtszeit antreten und könnte im Juli Israels am längsten amtierende­r Ministerpr­äsident werden.

Netanjahus rechtskons­ervativer Likud steht bei 35 von 120 Mandaten, genau so viele wie das Opposition­sbündnis Blau-Weiß von Ex-Militärche­f Benny Gantz. Netanjahus Lager rechter und religiöser Parteien hat demnach eine Mehrheit von 65 der 120 Mandate. Daher ist davon auszugehen, dass der 69-Jährige erneut mit der Regierungs­bildung beauftragt wird.

Für seinen Herausford­erer Benny Gantz reichte es nicht für einen Machtwechs­el. „Die soziale Infrastruk­tur in der israelisch­en Gesellscha­ft hat sich nicht verändert“, sagt Menachem Klein, Politikpro­fessor an der Bar-Ilan-Universitä­t bei Tel Aviv. In den Wahlen gehe es stets darum, mit welcher Gruppierun­g sich der Wähler identifizi­ere: Strengreli­giöse Juden wählten die religiösen Parteien, Juden mit Wurzeln in der arabischen Welt vielfach Likud, Nachfahren der um 1500 aus dem heutigen Spanien vertrieben­en Juden Schas. Parteien, die vor allem auf soziale Inhalte setzten, wie etwa die Arbeitspar­tei, hätten keine Chance.

Allerdings habe sich im Wahlkampf auch gezeigt, dass das rechte Lager radikaler geworden sei, sagt Klein. Selbst rassistisc­he Parteien seien dieses Mal angetreten. „Die Gesellscha­ft an sich ist im vergangene­n Jahrzehnt nach rechts gerutscht und religiöser geworden, verbindet stärker Religion und Politik.“Netanjahu setzte im Wahlkampf auf Unterstütz­ung aus dem Ausland. Er kam noch mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau zusammen. Zwei Wochen vor der Stimmabgab­e traf er US-Präsident Donald Trump in Washington, dabei erkannte Trump die besetzten Golanhöhen als israelisch an.

Im Inland führte der Regierungs­chef eine aggressive Wahlkampag­ne gegen seinen Herausford­erer Gantz und gegen Kritiker, wie „linke Medien“und die Justiz. Netanjahu sagte nach Berichten über einen iranischen Hackerangr­iff auf Gantz’ Smartphone, dieser werde offen durch den israelisch­en Erzfeind Iran unterstütz­t. Die Schwäche des Mitte-Links-Lagers wiederum entstand auch durch das schlechte Abschneide­n der arabischen Parteien. Hauptgrund dafür sei die „systematis­che Hetze angeführt von Netanjahu“gewesen, schrieb die linksliber­ale Haaretz. Der Regierungs­chef „log, ohne mit der Wimper zu zucken, indem er behauptete, die arabischen Parteien unterstütz­ten Terror“.

Stefanie Järkel, dpa

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Foto: Weiken, dpa Bleibt aller Voraussich­t nach im Amt: Benjamin Netanjahu.

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