Trauer und Träume
Als großes Melodram angelegt, bleibt es jedoch bei einer Edel-Schmonzette
Der britische Besatzungsoffizier Lewis Morgan (Jason Clarke) kommt in Begleitung seiner Frau Rachael (Keira Knightley) 1946 ins zerstörte Hamburg. Die Armee hat für das Ehepaar eine Villa beschlagnahmt. Als der Offizier sieht, wie deren Besitzer Stefan Lubert (Alexander Skarsgård) und seine 15-jährige Tochter Freda (herausragend: Flora Thiemann) ihr Heim räumen, lädt er sie ein zu bleiben und Quartier auf dem Dachboden zu beziehen. Wenig begeistert scheint Rachael und zeigt sich gegenüber der bescheidenen Höflichkeit des alleinerziehenden Witwers äußerst reserviert. Aber angesichts der als bedeutsam inszenierten Blickwechsel ist dem Publikum schnell klar, dass die beiden ein ungeheuer gut aussehendes Liebespaar abgeben werden.
Es stellt sich heraus, dass Rachael ihr Kind durch deutsche und Stefan seine Frau durch alliierte Bomben verloren hat. Wenn sich die trauernde Mutter abends an den Flügel setzt und mit Debussys „Clair de Lune“das Lieblingslied beider Verstorbenen intoniert, ist der Boden bereitet für leidenschaftliche Begierden über alle Vorurteile hinweg.
Als großes Melodram hat Routinier James Kent „Niemandsland“angelegt und kommt doch nicht über eine Edel-Schmonzette hinaus. Und das bei diesen Zutaten: Keira Knightley hat bisher jeden Historienfilm veredelt, Alexander Skarsgård verfügt über alle Qualitäten für die Herzensbrecherrolle, WimWenders-Kameramann Franz Lustig kann mit Bildformaten klassischer Melodramen umgehen, Kostümbildnerin Bojana Nikitovic („Papillon“) macht jeden Auftritt Knightleys zu einem eigenen Ereignis… Hilft aber alles nichts, wenn Trauer, Trauma, Liebe stets bloße Behauptung bleiben.
» Niemandsland (1 Std. 48 Min.), Drama, GB/Deutschland 2019
Wertung ★★✩✩✩
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