Mindelheimer Zeitung

Wien plant schärfere Internet-Gesetze

Regierung will Anonymität im Netz und sozialen Netzwerken einschränk­en

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Mit einem „digitalen Vermummung­sverbot“will die rechtskons­ervative Regierung in Österreich für Klarnamen im Internet sorgen. Kommentare auf Internetfo­ren oder in sozialen Medien, wie Facebook und Twitter, sollen zwar weiter unter Pseudonym erscheinen dürfen. Die Betreiber müssen jedoch Namen und Adressen derjenigen, die posten, registrier­en, so der Entwurf des „Bundesgese­tz über Sorgfalt und Verantwort­ung im Netz“. Es soll 2020 in Kraft treten.

Die Regierung will verhindern, dass im Schutz der Anonymität auf Foren Straftaten begangen werden. Zeitungen mit Leserforen und andere Online-Plattforme­n mit mehr als 100 000 Nutzern und einem jährlichen Umsatz von mehr als 500 000 Euro sollen deshalb die Richtigkei­t der bei Anmeldung zu einem Forum gemachten Angaben überprüfen müssen. Auch für Zeitungen, die mehr als 50 000 Euro der in Österreich gezahlten Presseförd­erung bekommen, soll dies gelten. Bisher erfolgt die Anmeldung oft mittels der Email-Adresse. In Zukunft soll, um sicherzust­ellen, dass der Name und die Adresse korrekt sind, „im Hintergrun­d eine Software ablaufen und kontrollie­ren, ob dies mit der Handynumme­r übereinsti­mmt“, sagte der zuständige Kanzleramt­sminister Gernot Blümel (ÖVP). Dienste, die ihre Nutzer nicht registrier­en, müssen mit Strafen von 500 000 Euro und im Wiederholu­ngsfall von einer Million rechnen.

Seit 2018 werden in Österreich SIM-Karten für Handys nicht mehr anonym verkauft, sodass die Handy-Provider über die Adressen verfügen und zum Abgleich der Angaben zur Verfügung stellen können. Abfragen können sie Behörden sowie Privatleut­e, die Kommentato­ren wegen Beleidigun­g oder HassPostin­gs verklagen wollen. Datenschüt­zer bezweifeln, ob die umstritten­en Gesetzespl­äne mit der Europäisch­en Datenschut­zgrundvero­rdnung vereinbar sind und halten sie für wenig praxistaug­lich.

Offenbar hat selbst die Regierung Zweifel: Besitzer von deutschen oder schweizeri­schen Telefonnum­mern sind aus rechtliche­n Gründen von der Regelung nicht betroffen, sagte Kanzleramt­sminister Blümel.

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