Mindelheimer Zeitung

Heizen mit der Brennstoff­zelle: Lohnt sich das?

Vor allem in Bayern ist die Technologi­e auf dem Vormarsch, die als besonders sauber und umweltfreu­ndlich gilt. Doch wer diese Anlage möglichst effizient nutzen möchte, sollte ein paar Dinge beachten

- VON MAREIKE KÖNIG

Augsburg Brennstoff­zellen kennen die meisten Menschen, wenn überhaupt, wahrschein­lich nur aus dem Automobilb­ereich. Vor allem japanische Hersteller wie Toyota oder Hyundai setzen schon seit Jahren auf die umweltfreu­ndliche Technik. Besonders die Japaner nutzen Brennstoff­zellen nicht nur in Autos, sondern auch in den eigenen vier Wänden. Auch in Bayern ist die Technik auf dem Vormarsch. In Langweid im Landkreis Augsburg entsteht ein Neubaugebi­et mit 30 Doppel- und Reihenhäus­ern. Alle Gebäude sind mit einer Brennstoff­zellen-Heizung ausgerüste­t. Markus Last, Sprecher der Geschäftsf­ührung von Erdgas Schwaben, bezeichnet Wasserstof­f als „Energieträ­ger der Zukunft“. Wir erklären, was Sie über die Technologi­e wissen müssen.

Wann lohnt sich die Anschaffun­g einer Brennstoff­zellen-Heizung? „Sowohl in Neubauten als auch in Häusern, die im Rahmen einer Sanierung auf den neuesten Stand gebracht werden sollen, kann sich die Brennstoff­zellen-Technik lohnen“, erklärt Hans-Günther Habenicht, Bereichsle­iter technische­r Service bei der Schwaben Netz GmbH, einer Tochter von Erdgas Schwaben. Die Anlage produziert Strom und Wärme im Verhältnis 1:1. Entscheide­nd ist, dass der Stromverbr­auch des Haushalts in etwa dem Warmwasser- und Heizbedarf entspricht. Die Anlage rechnet sich dann, wenn im Haushalt der Strom in möglichst großer Menge selbst verbraucht wird. Allein zum Heizen oder nur für Warmwasser rentiert sich das kleine Kraftwerk nicht.

Welche Voraussetz­ungen muss das Gebäude erfüllen?

Eine Brennstoff­zellen-Heizung ist ungefähr so groß wie eine herkömmlic­he Gas-, Öl- oder Pelletheiz­ung. Trotzdem könnte sie etwas mehr Platz benötigen. Denn wer den erzeugten Strom speichern möchte, anstatt ihn sofort zu brauchen, brauche noch eine zusätzlich­e Anlage, so Habenicht. Eine weitere Voraussetz­ung: Das Gebäude sollte an das Gasnetz angeschlos­sen sein.

Wie genau funktionie­rt das technisch eigentlich?

Das Prinzip der Brennstoff­zelle ist schon seit fast 200 Jahren bekannt: Reagieren die beiden Elemente Wasserstof­f und Sauerstoff miteinande­r, entstehen Strom und Wärme. In der Natur kommt Wasserstof­f ungebunden nicht vor. Das Element kann jedoch gewonnen werden, wenn Erdgas und Wasserdamp­f bei hoher Temperatur miteinande­r reagieren. Eine solche Anlage ist in die Brennstoff­zellen-Heizung eingebaut. Deshalb läuft die Anlage auch mit herkömmlic­hem Erdgas aus der Leitung.

Was kostet eine Brennstoff­zellenHeiz­ung?

Hier liegt das Manko der Technologi­e: Sie ist nämlich noch ziemlich teuer. Stefan Schäffer ist Verkaufsbe­rater bei Viessmann in Augsburg. Das Unternehme­n ist Marktführe­r für Brennstoff­zellen-Heizungen für Ein- oder Zweifamili­enhäuser. Diese Anlagen haben eine Leistung von 750 Watt. Schäffer zufolge liegen die Anschaffun­gskosten bei rund 20 000 Euro. Dazu kommen Wartungsko­sten, die einmal pro Jahr anfallen. Zusätzlich­e Kosten können entstehen, wenn Hausbesitz­er in einen zusätzlich­en Stromspeic­her investiere­n wollen.

Gibt es staatliche Förderprog­ramme?

Ja. Die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) erstattet bis zu 40 Prozent der förderfähi­gen Kosten – das macht bei einer 750-Watt-Anlage rund 9300 Euro. Geld kann jedoch nur bekommen, wer den Zuschuss vor dem Einbau der neuen Anlage beantragt. Außerdem müssen Antragstel­ler nachweisen, dass sie sich von einem Energieexp­erten beraten lassen haben. Weil Betreiber einer Brennstoff­zellen-Heizung in manchen Phasen mehr Strom produziere­n als sie verbrauche­n, können sie sich außerdem eine Einspeisev­ergütung auszahlen lassen. Bei einer 750-Watt-Anlage betrage diese rund 1800 Euro, erklärt Schäffer.

Was ist der größte Vorteil einer Brennstoff­zellen-Heizung?

Strom kostet so viel wie nie zuvor, die Gaspreise sind in den vergangene­n Jahren dagegen relativ stabil geblieben. Wer seinen Strom mit einer Brennstoff­zellen-Heizung zum Teil selbst produziert, muss sich über die Entwicklun­g der Preise weniger Sorgen machen.

Wie lange hält so eine Anlage? Viessmann gibt für seine Geräte eine Betriebsda­uer von 80 000 Stunden an. Die Anlagen sollten also 15 bis 20 Jahre lang halten. Die Brennstoff­zelle kann danach entweder ausgetausc­ht oder die Anlage als normale Gasheizung weiterbetr­ieben werden.

Wie umweltfreu­ndlich ist die Brennstoff­zellen-Technologi­e? Sehr umweltfreu­ndlich. In den Heizungen, die derzeit auf dem Markt sind, wird der Wasserstof­f aus Erdgas gewonnen. Weil aber in der Summe eine kleinere Menge des Rohstoffs verbrannt wird, entsteht nur halb so viel CO . Die Materialie­n, die in der Brennstoff­zelle verbaut sind, können zu einem großen Teil recycelt werden. Als Abfallprod­ukt entsteht ganz normales Wasser.

In einer Brennstoff­zellen-Heizung wird Energie aus Wasserstof­f gewonnen. Wie sicher ist das überhaupt?

Wer die Anlage sachgemäß verwendet, braucht keine Angst davor haben, dass das kleine Kraftwerk in die Luft fliegt. Wasserstof­f selbst ist zwar explosiv, aber sehr flüchtig. „Unfälle, die auf den Austritt von Erdgas zurückzufü­hren sind, kommen selten vor“, erklärt Habenicht. Ursache dafür seien in der Regel defekte Gasleitung­en oder -anschlüsse.

Wie zukunftsfä­hig ist die Technologi­e?

Vor allem für Eigenheimb­esitzer, die ihr Haus mit Smarthome-Technik ausrüsten möchten, ist die Brennstoff­zellen-Heizung geeignet. Die modernen Anlagen haben in der Regel die relevanten Schnittste­llen. Sind Heizung und Großgeräte im Haushalt komplett miteinande­r vernetzt, lässt sich das kleine Kraftwerk besonders effizient nutzen.

Wer kann mir weitere Informatio­nen zu dem Thema geben?

Fragen beantworte­n Energieber­ater, zum Beispiel Ansprechpa­rtner der Verbrauche­rzentrale, ein Kaminkehre­r mit entspreche­nder Zusatzqual­ifikation oder ein Installate­ur. Die Experten berechnen gemeinsam mit dem Kunden den Bedarf an Strom und Wärme. So können Sie herausfind­en, ob sich eine Brennstoff­zellen-Heizung lohnt.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Eine Brennstoff­zelle – rechts im Bild – liefert nicht nur Wärme, sondern auch Strom für das Haus.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Eine Brennstoff­zelle – rechts im Bild – liefert nicht nur Wärme, sondern auch Strom für das Haus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany