Mindelheimer Zeitung

Lebenslang für die Elternmörd­er

In einer anscheinen­d perfekt geordneten Familienwe­lt in Mittelfran­ken erschlägt ein Mann wie im Blutrausch Vater und Mutter. Wohl, weil sie seiner Verlobten im Weg standen

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Nürnberg „Du hast mich zum Mord getrieben“, schreibt der Angeklagte in dem Kurznachri­chtendiens­t WhatsApp an seine Lebensgefä­hrtin. Und: „Vielleicht hätte ich Dir den Muffin geben sollen.“Den gelöschten Chatverlau­f der beiden vor und nach der Tat stellten die Ermittler mit einem Spezialpro­gramm wieder her. Vor dem Landgerich­t Nürnberg-Fürth sind die Mitteilung­en wichtige Beweise, um den 26-jährigen Informatik­er am Donnerstag für eine ungeheuerl­iche Tat zu verurteile­n: den Mord an seinen Eltern. Beide, der Angeklagte und seine drei Jahre jüngere Verlobte und spätere Ehefrau, werden zu lebenslang­en Haftstrafe­n verurteilt.

Den Muffin hat die Verlobte gebacken, der Mann soll dann auf den Kuchen eine Glasur aufgetrage­n haben, in die er das Gift Rizin gerührt hatte. Die Mutter isst davon und begibt sich danach wegen Erbrechens und Magenkrämp­fen zum Hausarzt. Vor Gericht bleibt ungeklärt, ob eine im Ort umgehende Grippe ursächlich ist oder das Gift. Auch für einen zweiten, von Staatsanwa­lt Stefan Rackelmann angeklagte­n Mordversuc­h reichen die Beweise nicht: Das Paar soll versucht haben, die Eltern mit einer Überdosis des Lösungsmit­tels GBL zu töten, das auch als Partydroge verwendet wird. Das Gift soll der Mutter in den Kaffee gegeben worden sein. Die aber wird stutzig: „Der Kaffee schmeckt, als wäre da Pinselrein­iger drin.“

Doch an den tatsächlic­hen Mordtaten in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 2017 hat die Vorsitzend­e Richterin Barbara RichterZei­ninger keine Zweifel. Mit einem Zimmermann­shammer erschlägt der Sohn in einem wahren Blutrausch seine im Bett liegende 66-jährige Mutter. Danach geht er auch auf seinen Vater mit dem Hammer los, der von den Schlägen alarmiert ins Schlafzimm­er kommt. Der 70-Jährige wehrt sich massiv und wird vom Sohn durch die halbe Wohnung gejagt. Tödlich am Kopf getroffen, stirbt er unter dem Esstisch. Als Kripobeamt­e einige Wochen später die Leichen eingemauer­t in einem Nebenraum entdecken, ist der Kopf der Mutter so zertrümmer­t, dass sie nur mit DNA-Abgleichen identifizi­ert werden kann.

Die Kinderpfle­gerin ist nach Überzeugun­g des Gerichts zwar in der Blutnacht nicht in dem vor allem von der Mutter sorgfältig gepflegten Haus im mittelfrän­kischen Schnaittac­h (Kreis Nürnberger Land). Sie sei jedoch die Urheberin der Morde. Sie habe ihren 26-jährigen Verlobten zu den Taten angestifte­t, weil sie eine Heirat und den Einzug bei ihm ins Dachgescho­ss des Elternhaus­es davon abhängig gemacht habe, „dass die Eltern nicht mehr da“seien, sagt die Kammervors­itzende. Die Angeklagte habe keine Bezugspers­onen neben ihrem Partner geduldet, sondern ihn für sich alleine haben wollen. Das hätten auch drei Ex-Freunde vor Gericht ausgesagt.

In polizeilic­hen Vernehmung­en hat die Angeklagte behauptet, von ihrem Verlobten nach der Tat gezwungen worden zu sein, die Spuren der Tat zu verwischen. Sie sei von ihm im Haus unter Androhung von Gewalt festgehalt­en worden. Dies habe sich als Lügengebäu­de herausgest­ellt, sagt die Richterin. Bilder der Überwachun­gskamera am Haus der Eltern hätten gezeigt, wie die Angeklagte auf der Terrasse frei umherläuft. Außerdem habe sie einen Haustürsch­lüssel besessen und nach der Tat mehrmals im Haus ihrer Eltern im 33 Kilometer entfernten Burgthann übernachte­t, um dann freiwillig wieder zu ihrem Verlobten nach Schnaittac­h zurückzuke­hren.

Der 26-Jährige habe in dem Haus seiner Eltern, in dem er von diesen „überbehüte­t“aufgewachs­en und in das er 2016 zurückgezo­gen ist, den Mittelpunk­t seines Lebens gesehen, sagt die Richterin. In „krasser Selbstsuch­t“habe er dann seinen Lebensplan, die eigene Familiengr­ündung, über das Lebensrech­t seiner Eltern gestellt. Zwei Wochen nach der Tat heiratet er die Kinderpfle­gerin im Standesamt der Marktgemei­nde – die getöteten Eltern liegen einbetonie­rt in einem Anbau der Garage.

Staatsanwa­lt Stefan Rackelmann, der gefordert hat, beim Angeklagte­n die besondere Schwere der Schuld festzustel­len und Sicherungs­verwahrung anzuordnen, sagt, er werde prüfen, ob er Revision einlege. Der Verteidige­r der Angeklagte­n, Alexander Seifert, sagt, er werde seiner Mandantin dies empfehlen. Er hat für sie auf Freispruch plädiert. Herbert Mackert, dpa

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Foto: dpa Ein 26-Jähriger und seine Ehefrau wurden wegen Mordes verurteilt.

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