Mindelheimer Zeitung

Sollen Minijobber mehr verdienen?

Arbeit Anhebung der Obergrenze von 450 auf 530 Euro würde den Staat Hunderte Millionen Euro kosten. Die Erhöhung ist ein bayerische­s Projekt: CSU und Freie Wähler haben eine entspreche­nde Bundesrats­kampagne gestartet

- VON MICHAEL POHL

Berlin Die Forderung aus Wirtschaft und Union nach einer Anhebung der Verdiensto­bergrenze für Minijobs würde die deutschen Sozialkass­en einen dreistelli­gen Millionenb­etrag kosten. Laut einer unserer Redaktion vorliegend­en Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Links-Fraktion würde die derzeit diskutiert­e Anhebung der Grenze von 450 auf 530 Euro den Staat und die Sozialvers­icherung jedes Jahr rund 400 Millionen Euro kosten. Durch die Erhöhung von 80 Euro ergeben sich laut den Berechnung­en des Arbeitsmin­isteriums Mindereinn­ahmen für die Sozialvers­icherungen in Höhe von 300 Millionen Euro und Ausfälle bei der Einkommens­teuer von bis zu 100 Millionen.

Die Ausfälle ergeben sich auch aus der hohen Zahl der Minijobs: Nach Angaben der Bundesregi­erung gab es im vergangene­n Jahr über 7,6 Millionen Minijobber. Davon haben 4,8 Millionen Menschen ausschließ­lich einen Minijob, die anderen 2,8 Millionen nutzen das Modell als Nebenjob. Mehr als jeder fünfte Minijob entfällt auf den Handel und das Gastgewerb­e.

der Forderunge­n nach der Anhebung der Verdiensto­bergrenze ist die Erhöhung des Mindestloh­ns: Bei der Einführung des Mindestloh­ns 2015 von damals 8,50 Euro waren damit noch maximal 53 Arbeitsstu­nden verbunden, derzeit sind es 49 Stunden und ab Jahr 2020 nur noch 48 Stunden, wenn die Verdiensto­bergrenze nicht angehoben würde. Zuletzt hatte die bayerische Koalition aus CSU und Freien Wählern eine Bundesrats­initiative für die Erhöhung auf 530 Euro beschlosse­n und die Minijobs als flexibles Instrument für den ArHintergr­und beitsmarkt und Unternehme­n gelobt. Dagegen warnt die Linke vor einer weiteren Stärkung der geringfügi­gen Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten. „Bei Minijobs werden systematis­ch Arbeitnehm­errechte unterlaufe­n und Niedriglöh­ne gezahlt“, sagte die Linken-Bundestags­abgeorddem nete Susanne Ferschl unserer Redaktion. Der Staat subvention­iere damit Unternehme­n, die Lohnkosten drückten, und zwinge damit viele Beschäftig­te langfristi­g zum Gang auf das Sozialamt. „Gerade Minijobs, die 2003 durch Aufhebung der Stundengre­nze explodiert­en, entpuppen sich heute als ein Haupteinfa­llstor für Schwarzarb­eit“, betonte die Abgeordnet­e aus dem Wahlkreis Kaufbeuren-Ostallgäu. „Anstelle von staatlich subvention­iertem Lohndumpin­g wäre es sinnvoll, öffentlich­e Beschäftig­ung und anständige Bezahlung zu fördern“, betonte Ferschl. „Das schafft Arbeitsplä­tze, die zur Finanzieru­ng unseres Sozialstaa­ts beitragen.“

In den vergangene­n 15 Jahren stieg die Zahl der Minijobber um über 35 Prozent an. Kritiker warnen davor, dass dadurch reguläre sozialvers­icherungsp­flichtige Arbeitsplä­tze wegfallen. Inzwischen ist fast jeder fünfte abhängig Beschäftig­te damit ein Minijobber, jeder zwölfte Arbeitnehm­er in Deutschlan­d benutzt den 450-Euro-Job als Zweitverdi­enst – knapp eine halbe Million Menschen mehr als vor zehn Jahren, wie aus Zahlen des Arbeitsmin­isteriums hervorgeht.

In der Gastronomi­e gibt es besonders viele Minijobs.

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Foto: Axel Heimken, dpa

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