Mindelheimer Zeitung

„Eine Mörderin zu spielen ist nicht schwer“

Interview Die gebürtige Münchnerin Susanne von Borsody ist eine der beliebtest­en Schauspiel­erinnen Deutschlan­ds. Sie hat noch eine weitere Leidenscha­ft

- Interview: Josef Karg

Susanne von Borsody, Sie haben sich in der letzten Zeit im Fernsehen etwas rarer gemacht. Oder täuscht der Eindruck?

Susanne von Borsody: Ich glaube, der Eindruck täuscht. Auch meinen aktuellen Film habe ich ja schon vor eineinhalb Jahren gedreht. Dass dieser Eindruck entsteht, liegt nicht an mir, sondern eher an der Programmie­rung der Filme.

Jetzt spielen Sie eine Rolle in „So weit das Meer“. Er wird am Montag um 20.15 im ZDF gezeigt. Es handelt sich um einen dramatisch­en Film über Vergeltung, Sühne und Liebe. Was gibt er uns mit auf den Weg?

Von Borsody: Das ist eine gute Frage. Was ich an dem Film mag: Er ist schön langsam erzählt. Auch die Geschichte ist gut. Ein vermeintli­cher Streich geht mehr als schief, ein Junge will ein Mädchen, das ihn nicht beachtet, ärgern. Er fährt zu nah an sie heran, sie stürzt. Er denkt, sie ist tot und zieht sie in den Wald. Doch sie lebt – und wird vergewalti­gt. Daraus entsteht ein Baby. Der Vater des Mädchens, Wolf Harms, bringt den betreffend­en Jungen um, um die Tochter zu schützen. Die Mutter des getöteten Jungen wiederum vertuscht einige Dinge, um ihren Sohn zu schützen. Beide Elternteil­e machen sich schuldig.

Und daraus entstehen zwei kaputte Familien.

Von Borsody: Genau. Der Vater, der nicht seine Tochter geschützt hat, sondern 15 Jahre im Gefängnis sitzt und so seine Familie allein lässt. Als er entlassen wird, fängt der Film an. Die alten Wunden brechen wieder auf. Am Ende lösen sich die Rätsel der Geschichte auf, die fast die Dimension einer griechisch­en Tragödie hat. Auch dieser Faktor hat mir gefallen: Man kommt nach dem Anschauen fast automatisc­h ins Gespräch über große Themen. Da zappt man nicht einfach weiter.

Sie spielen die Mutter dieses Jungen, der erschossen wurde. Was reizte Sie daran?

Von Borsody: Es waren vier Drehtage. Bei so kleinen Rollen muss man sehr auf den Punkt spielen. Man hat kaum Zeit, eine Figur zu entwiUta erlaubt sich keine Schwäche. Die Schultern zusammen, die Brust raus – so versucht sie durchzuhal­ten. Der Kopf geht voraus, die Beine laufen hinterher durchs Leben.

Im Film konnte die Mutter dem Mörder ihres Kindes nicht verzeihen. Sind Sie privat eine gute Verzeiheri­n?

Von Borsody: Es dauert lange, bis ich die Tür zusperre. Dann bin ich zwar immer noch freundlich, aber die Tür bleibt zu. Außer es vergeht viel Zeit, dann vergesse ich auch manchmal wieder so manches und die Tür geht dann doch noch einmal auf.

Ein wichtiger Satz in dem Film, den der Sohn des Vergewalti­gers zum Mörder seines Vaters sagt, lautet: „Was ist das für ein Gefühl, einen anderen erschossen zu haben?“Können Sie sich so etwas vorstellen?

Von Borsody: Mir fällt es zumindest nicht schwer, eine Mörderin zu spieckeln. len. Mit Betonung auf „Spielen“. Ich habe mir dazu eine besondere Taktik von Hollywood-Star Jack Nicholson abgeschaut. Der soll gesagt haben: „Ich bin ein friedliche­r Mensch, aber Mücken hasse ich. Wenn ich also eine Figur spielen soll, die zum Mörder werden kann oder wird, denke ich an eine Mücke, die erschlagen werden muss. Ich lege alles daran, diese Mücke zu finden. Und freue mich darüber, wenn ich sie erwischt habe.“Den Spruch habe ich mir gemerkt.

Sie gehören zu den bekanntest­en deutschen Schauspiel­erinnen. Der Spiegel nannte Sie mal ein „künstleris­ches Kraftpaket“. Wie wird man denn das? Von Borsody: Das kann ich selbst nicht sagen. Da sollten Sie vielleicht den Herrn vom Spiegel fragen.

Sie sind Unicef-Repräsenta­ntin und Botschafte­rin von Hand in Hand for Africa. Warum sind Sie sozial engagiert?

Von Borsody: Ich denke, wenn man ein öffentlich­er Mensch ist, sollte man die öffentlich­e Plattform nicht nur zur Mehrung des eigenen Ruhms nutzen – sondern auch dazu, um Menschen darauf aufmerksam zu machen, wie man helfen kann. Wir leben auf einem Rund, nicht auf einer Scheibe. Wir alle sind miteinande­r verbunden. Ob wir das wollen oder nicht. Also kann es auch für uns hier in Deutschlan­d nur um ein Miteinande­r gehen. Was auf der Welt passiert, wirkt sich auf uns alle aus. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Was viele nicht wissen: Ehe Sie sich der Schauspiel­erei widmeten, versuchten Sie sich auch in der Malerei. Diese Leidenscha­ft gaben Sie nie auf und malen neben Film und Theater immer weiter. Was bedeutet Ihnen heute die Malerei?

Von Borsody: Das Ausleben meiner Kreativitä­t in Eigenregie. Lust auf Farbe und Form. ⓘ

Das ZDF-Kriminaldr­ama „So weit das Meer“mit Susanne von Borsody, 61, wird am Montag, 15. April, um 20.15 Uhr im ZDF gezeigt. Weitere Informatio­nen zum Film finden Sie auf der unserer Seite Fernsehen aktuell

 ?? Foto: Britta Kreh, dpa ?? Darsteller­in Susanne von Borsody, Jahrgang 1957, stammt aus einer Schauspiel­erfamilie. Lange war sie mit ihrem Kollegen Heino Ferch liiert. Seit 2014 ist sie mit Jens Schniedenh­arn verheirate­t.
Foto: Britta Kreh, dpa Darsteller­in Susanne von Borsody, Jahrgang 1957, stammt aus einer Schauspiel­erfamilie. Lange war sie mit ihrem Kollegen Heino Ferch liiert. Seit 2014 ist sie mit Jens Schniedenh­arn verheirate­t.

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