Ein Kampf gegen Windmühlen
Soziales Eine alleinerziehende Mutter von drei kleinen Kindern eilt drei Tage die Woche nach Augsburg, um sich eine Existenz aufzubauen. Warum jetzt alles in Frage steht
Mindelheim Das ist die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter, die mit immensem persönlichen Einsatz versucht, im Leben wieder Fuß zu fassen. Dies ist aber auch die Geschichte eines Landes, das zwar Kinderpflegerinnen und -pfleger händeringend sucht, Auszubildenden das Leben aber unnötig schwer macht.
Sonja Lang aus Mindelheim hat drei Kinder, die alle noch im Kindergartenalter sind. Der Jüngste ist drei, sieben der Älteste und dazwischen ist das fünfjährige Mädchen. Der Dreijährige war noch nicht geboren, da war die Beziehung auseinandergebrochen. Seit vier Jahren muss sich Sonja Lang also allein um ihre Kinder kümmern. Unterstützt wird sie nur von ihren Eltern. Immerhin zahlt der Kindsvater Unterhalt. Der 28-Jährigen war schnell klar: Sie braucht unbedingt Arbeit, will sie nicht auf Hartz-IV-Niveau ihr Leben fristen. Aber dazu braucht sie erst eine fundierte Ausbildung, die sie bisher nicht gemacht hat. In Augsburg-Neusäß hat sie von einem besonderen Angebot der Berufsfachschule Kinderpflege gehört. Dort können sich Interessierte über einen Zeitraum von drei Jahren zum staatlich geprüften Kinderpfleger oder zur Kinderpflegerin ausbilden lassen. Der Unterricht läuft in Teilzeit ab, so dass Alleinerziehende die Chance haben, dort eine Ausbildung zu absolvieren.
Sonja Lang hat sich um alles selbst gekümmert. Sie hat den Ausbildungszweig gefunden, sich selbst angemeldet und im September 2018 ihre Ausbildung begonnen. Sie gehört zu einer Klasse mit 15 Schülern, davon sind zwei Männer. Dreimal die Woche fährt die Mindelheimerin mit dem Auto nach Augsburg. Für die Ausbildung hat sie extra den Führerschein gemacht. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre sie niemals pünktlich an der Schule.
Die Unterrichtstage sind besonders anstrengend. Um 7 Uhr fährt sie die Kinder mit ihrem Kleinwagen in den Kindergarten. Um 8.45 Uhr beginnt der Unterricht in Neusäß, um 13.45 endet er. Sofort geht es zurück nach Mindelheim, damit sie ihre Kinder noch rechtzeitig vom Kindergarten abholen kann, ehe dieser schließt. Daheim muss sie dann noch lernen.
Bisher schultert sie die Mehrfachbelastung. Nur eines macht ihr richtig Sorgen. Ihre Ausbildungsklasse ist die erste, die kein BAföG mehr bekommt. Dazu wäre eine wöchentliche Unterrichtszeit von 20 Stunden notwendig. Tatsächlich sind es nur 18. Bevor sie im September angefangen hatte, hieß es noch, sie habe Anspruch auf diese finanzielle Unterstützung, die sie dringend braucht. Sie hat sich bereits an Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gewandt, als dieser in Augsburg war. Die Gelegenheit nutzte auch die Schulleitung, auf die besonderen Schwierigkeiten von Alleinerziehenden hinzuweisen, die an der Berufsfachschule die Teilzeitausbildung durchlaufen.
Um ihnen eine Ausbildung zu ermöglichen, wurde die Zeit von zwei auf drei Jahre gestreckt. Weil nun aber pro Woche keine 20 Unterrichtsstunden mehr erreicht werden, fiel der BAföG-Anspruch weg. „Ich verstehe nicht, warum man uns solche Steine in den Weg legt“, sagt Sonja Lang. Kinderpfleger würden doch überall händeringend gesucht. Da mache es doch wenig Sinn, wenn Lernende allein deshalb nicht durchhalten, weil sie nicht genug Geld für den Lebensunterhalt aufbringen können.
Extra für die Ausbildung hat sie den Führerschein gemacht