Mindelheimer Zeitung

Wie Trump an seiner eigenen Legende strickt

USA Wird der Bericht des Sonderermi­ttlers Mueller dem Präsidente­n doch noch gefährlich?

- VON KARL DOEMENS

Washington Zwei Jahre lang hat das politische Washington auf diesen Moment hingefiebe­rt. Doch wenn US-Justizmini­ster William Barr am Donnerstag den 400-seitigen Bericht von Sonderermi­ttler Robert Mueller in einer bearbeitet­en Version veröffentl­icht, wird in der Hauptstadt keine Ruhe einkehren. Im Gegenteil: Während die Demokraten fürchten, dass entscheide­nde Stellen in dem Dokument geschwärzt werden, strickt Präsident Donalds Trump bereits heftig an der Gegengesch­ichte eines vermeintli­chen Coup-Versuchs.

„Wenn die Medien ehrenwert wären, wäre diese Geschichte größer und bedeutsame­r als Watergate“, twitterte Trump am Dienstag. Seit Tagen behauptet der US-Präsident, der Mueller-Report habe ihm einen „totalen Freispruch“beschert. Nicht er habe ein Verbrechen begangen, sondern „schmutzige Polizisten, Demokraten und die betrügeris­che Hillary“, die ihn im Wahlkampf ausspionie­rt hätten.

So dürfte am Donnerstag allenfalls ein neues Kapitel in der endlosen Russland-Saga aufgeschla­gen werden. Ihren Ausgang hatte sie genommen, als Trump im Mai 2017 den damaligen FBI-Chef James Comey feuerte, weil dieser ihm keinen Persilsche­in für die Kontakte seiner Kampagne mit Moskau ausstellen wollte. Nach 22 Monaten Untersuchu­ng hatte der daraufhin eingesetzt­e Sonderermi­ttler Mueller im März dem Justizmini­ster seinen Bericht übergeben. Barr veröffentl­ichte zunächst nur eine vierseitig­e Zusammenfa­ssung, der zufolge es keine Belege für gezielte Absprachen des Trump-Lagers mit Vertretern Russlands gibt. Die ebenfalls zu untersuche­nde Frage, ob Trump die Justiz behinderte, ließ Mueller ausdrückli­ch unbeantwor­tet. Barr entschied freihändig, dass dem Präsidente­n keine strafrecht­lichen Vorwürfe zu machen seien.

Damit rückt der 68-jährige Justizmini­ster, den Trump als Nachfolger des gefeuerten Legalisten Jeff Sessions berief, ins Zentrum der weiteren Entwicklun­g. Der konservati­ve Dudelsacks­pieler, der schon unter dem alten George H. W. Bush im gleichen Amt wirkte, entscheide­t nämlich, welche Teile des MuellerBer­ichts nun freigegebe­n werden. Nach Angaben seiner Sprecherin werden bestimmte Gerichtsin­formatione­n, Angaben zu Geheimdien­stquellen, zu laufenden Klagen und zur Privatsphä­re von „nebensächl­ichen Akteuren“geschwärzt.

Zwar hat Barr versproche­n, so viel Transparen­z wie möglich herzustell­en. Tatsächlic­h hat er aber vor dem Senat erklärt, er wolle nun eine neue Untersuchu­ng einleiten, die den Umgang der Strafverfo­lgungsbehö­rden mit Trump im Wahlkampf prüfen solle: „Ich denke, dass Spionage stattgefun­den hat“, sagte Barr. Das FBI hatte im Sommer 2016 eine Untersuchu­ng zu möglichen Absprachen des Wahlkampft­eams mit Russland eröffnet und dazu eine gerichtlic­he Genehmigun­g für die Überwachun­g eines Trump-Beraters erwirkt. Das sei das eigentlich­e Verbrechen, argumentie­rt Trump: „Ermittelt gegen die Ermittler!“

Die Demokraten hingegen vermuten, dass die Regierung brisante Erkenntnis­se von Mueller vertuscht. Tatsächlic­h hatten sich Vertraute des Sonderermi­ttlers beklagt, dass Barr das Ergebnis ihrer Arbeit verzerre. Die Opposition will deshalb Mueller persönlich als Zeugen im Kongress hören. Der demokratis­che Senator Patrick Leahy warnte Barr, wichtige Aussagen des Berichts zu schwärzen: „Jeder Versuch, einzelne Passagen zu verstecken, nährt nur den Verdacht, dass das Justizmini­sterium die Rolle von Trumps Verteidige­r-Team spielt.“

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Foto: Smialowski, afp Donald Trump ist längst zum Gegenangri­ff übergegang­en.

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