Mindelheimer Zeitung

Wie der Freistaat 250 000 Fachkräfte sichern will

Beschäftig­ung Ministeriu­m, Arbeitgebe­r und Arbeitsage­ntur stellen Fünf-Punkte-Plan vor

- VON CHRISTINA HELLER

München Bis 2025 werden in Bayern 350000 Fachkräfte fehlen. Das ist keine Neuigkeit. Dass den Firmen die qualifizie­rten Mitarbeite­r ausgehen, davor warnen Verbände und Unternehme­n schon seit Jahren. Neu ist, dass nun etwas passiert. Die bayerische Staatsregi­erung, die bayerische­n Arbeitsage­nturen und die Vereinigun­g der bayerische­n Wirtschaft (VBW) haben einen ganz konkreten Plan, wie sie diese Lücke schließen – oder zumindest abmildern – wollen. Dieser Plan nennt sich „Fachkräfte­sicherung+“und läuft seit dem vergangene­n Herbst. Er beinhaltet mehrere Projekte und Maßnahmen. Insgesamt sollen bis 2023 250000 Stellen für Facharbeit­er gesichert werden. 25 Millionen Euro lassen sich das Wirtschaft­sministeri­um und die Wirtschaft­svereinigu­ng das kosten, jeder Partner zahlt die Hälfte. Dazu kommen noch einmal 226 Millionen Euro, die die Arbeitsage­ntur alleine im Jahr 2019 für die Fachkräfte­sicherung investiert. Der neue Plan basiert auf fünf Säulen:

● Einer Bildungsof­fensive, die vor allem für die duale Ausbildung werben will. Denn, so rechnet Bertram Brossardt, Hauptgesch­äftsführer der VBW vor, die meisten Arbeitnehm­er werden auf der Stufe der Facharbeit­er fehlen. Akademiker gebe es viel zu viele. Deshalb will die Wirtschaft­svereinigu­ng auch an Gymnasien für eine Lehre werben. Unter anderem in Augsburg läuft außerdem ein Modellproj­ekt, das den Namen Empower(me) trägt. Es soll Jugendlich­en zeigen, welche Stärken sie haben und sie dementspre­chend gezielt an Ausbildung­sbetriebe vermitteln.

● Der zweite Punkt ist, die Beschäftig­ungschance­n von Arbeitslos­en und Langzeitar­beitslosen zu verbessern. Momentan gelten in Bayern etwa 44800 Menschen als langzeitar­beitslos. Wenn man bedenkt, dass der Freistaat 13 Millionen Einwohner hat, sind das nicht besonders viele, gibt Ralf Holzwarth, Chef der bayerische­n Arbeitsage­nturen, zu bedenken. Allerdings schlummert auch in ihnen Arbeitskra­ftpotenzia­l. Deshalb sollen sie verstärkt die Chance bekommen, auf dem Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen. Im Juni wird in drei bayerische­n Städten – darunter in Augsburg – ein Projekt starten, das 90 Langzeitar­beitslose wieder in Beschäftig­ung bringen soll. „Dabei haben wir aus den Fehlern der Vergangenh­eit gelernt“, sagt Brossardt.

● Der dritte Baustein ist, die Erwerbsbet­eiligung zu erhöhen. Über verschiede­ne Initiative­n und Werbemaßna­hmen sollen etwa Menschen mit einer Schwerbehi­nderung, Mütter oder auch Menschen die älter als 60 Jahre sind, einen Zugang zu passenden Stellen bekommen.

● Viertens soll jeder, der es möchte, auch die Chance bekommen, mehr zu arbeiten. „In Bayern arbeiten momentan 1,5 Millionen Menschen in Teilzeit“, sagt Holzwarth. 800000 von ihnen sind Fachkräfte. Wiederum zeigen Zahlen des Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB), dass von den Teilzeitkr­äften gerne etwa 60 Prozent länger arbeiten würden. „Deshalb investiert die Regierung auch in den Ausbau von Kitas und Kindergart­enplätzen, damit Mütter vielleicht statt halbtags dreivierte­ltags arbeiten können“, sagt Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger.

● Fünftens brauche es gezielte Zuwanderun­g in den bayerische­n Arbeitsmar­kt. Schon jetzt beruht mehr als die Hälfte des Beschäftig­ungsaufbau­s darauf, dass Menschen aus dem Ausland nach Bayern kommen, sagt Holzwarth. Der größte Teil stammt aus EU-Ländern wie Rumänien oder Polen. Doch auch dort werden die Fachkräfte knapp. Deshalb arbeitet die Bundesregi­erung an einem Zuwanderun­gsgesetz, das Verbänden wie der VBW und der Arbeitsage­ntur erlaubt, gezielt Fachkräfte im Ausland anzuwerben.

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Foto: Oliver Berg, dpa Bayern will mehr Fachkräfte für den Jobmarkt aktivieren.

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