Can und Habeck – Brüder im Geiste
Den sozialen Medien geht es an den Kragen. Der endlose Fluss der Posts und Tweets tröpfelt bald nur noch als Rinnsal ums Weiße Haus. Stattdessen: sahara-artige Nachrichtendürre. Es sind nicht mehr nur fundamentalistische Elektronikverweigerer, die ihren Strom mit dem Kinderkreisel produzieren, und dem Quasselfluss das Wasser abgraben wollen. Nein, das Ende kommt aus dem Inneren des Blubberns.
So hat Grünen-Chef Robert Habeck bei Twitter & Co. derart lässig den Stecker gezogen, als sei es das einfachste der Welt und hinge nicht sein politisches und physisches Leben an den sozialen Freunden. Und jetzt legt auch noch der türkischstämmige Emre Can die Axt an. Can verdient sein Geld gerade bei Juventus Turin. Die Chance auf ein politisches Leben hat er bewusst verstreichen lassen, als er dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan ein gemeinsames Foto verweigerte. Die Kollegen Özil und Gündogan waren bekanntlich weniger standhaft, weshalb Özil den Präsidenten nun auch noch zur
Hochzeit an der Backe hat. Can hat keine Ehepläne. Seine Freundin, ein Modelwesen, hält er versteckt. Can ist ein Kind seiner Zeit. Frisur und Bart mit dem Skalpell gezogen, cool bis in die Haarspitzen.
Der ganze Kerl ist ein einziges soziales Medium, könnte man meinen. Doch unter 500 Gramm Haargel haust ein kritischer Geist gegen die künstliche Fake-Welt und die Erinnerung an eine Zeit, als Menschen noch leibhaftig miteinander sprachen, Kinder auf Bäume geklettert sind, und sich die Knie aufschlagen durften. Nur so, lautet Cans Erkenntnis, wird man erwachsen. Das ist zugespitzt, wie dieser ganze Text. Andererseits schiebt Can damit den Diskurs über das kopflastige Bildungssystem und seinen Mangel an Alltagskompetenz an. Nicht schlecht für einen Fußballprofi.