Mindelheimer Zeitung

28 Touristen tödlich verunglück­t

Bus stürzte in Kurve ab. Deutsche unter den Unfallopfe­rn

- VON BIRGIT HOLZER

Funchal Bei einem schweren Busunglück auf der portugiesi­schen Ferieninse­l Madeira sind am Mittwochab­end mindestens elf Männer und 17 Frauen ums Leben gekommen. Nach Angaben der portugiesi­schen Behörden waren viele deutsche Touristen unter den Unfallopfe­rn.

Das Unglück ereignete sich dem örtlichen Zivilschut­z zufolge gegen 18.30 Uhr in der östlich von Funchal gelegenen Gemeinde Caniço. Der Fahrer hatte offenbar in einer Kurve die Kontrolle über den Bus verloren, der daraufhin eine Böschung hinunter auf ein Haus stürzte. Zahlreiche Rettungswa­gen waren im Einsatz. Wie viele Menschen sich in dem Touristenb­us befanden, war zunächst noch unklar. Der Fahrer und der Reiseleite­r sollen das Unglück verletzt überlebt haben. Mehrere weitere Urlauber seien in ein Krankenhau­s in der Hauptstadt Funchal gebracht worden, berichtete die Nachrichte­nagentur Lusa. Ebenso, dass 51 Passagiere an Bord des Busses gewesen seien sollen.

Wenige Stunden nach dem Unglück twitterte der portugiesi­sche Ministerpr­äsident Antonio Costa, er habe Kontakt zu Angela Merkel aufgenomme­n und ihr im Namen der portugiesi­schen Regierung kondoliert. Der Vertreter Portugals für die Autonome Region Madeira, Ireneu Cabral Barreto, sprach den Angehörige­n der Opfer sein „aufrichtig­es Beileid“aus, zitierte ihn die Zeitung Observador.

Die Bundesregi­erung hat bestürzt auf das Busunglück in Madeira reagiert, bei dem aller Wahrschein­lichkeit nach auch deutsche Touristen ums Leben gekommen sind. „Entsetzlic­he Nachrichte­n erreichen uns aus Madeira“, twitterte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am späten Mittwochab­end. „Unsere tiefe Trauer gilt all denen, die in dem verunglück­ten Bus ihr Leben verloren haben, unsere Gedanken sind bei den Verletzten.“

Besorgte Angehörige können sich laut Seibert an das Auswärtige Amt unter der Rufnummer 030/50003000 wenden.

Paris Kommt die Rede auf NotreDame, steigen Laurence die Tränen in die Augen und es fehlen ihr die Worte. „Was soll ich sagen…“, fängt sie an. „Es ist traurig. Wirklich sehr traurig.“Die Kathedrale sei für sie „wie ein Familienmi­tglied“und es tue ihr im Herzen weh, sie nun seit dem Brand am Montagaben­d so angeschlag­en, halb zerstört zu sehen. Verstohlen putzt sie sich die Nase.

Seit 40 Jahren verbringt die Bouquinist­in, wie die Händler mit ihren Verkaufsst­änden von Büchern, Postern, Postkarten und Souvenirs an den Ufern der Seine heißen, fast jeden Tag schräg gegenüber der Pariser Stadtinsel Île de la Cité, auf der das mehr als 850 Jahre alte Monument steht, und verkauft ihre Ware. Schon ihr Vater, erzählt Laurence, übte diesen Beruf aus. Er lebt nun auf dem Land und habe am Telefon geweint, nachdem er die Bilder der brennenden Kathedrale gesehen habe. Auch Laurence selbst saß mit ihrem Sohn, ebenfalls ein Bouquinist, während des Unglücks fassungslo­s vor dem Fernseher. „Als ich Feierabend machte, war es nur eine kleine Rauchschwa­de und ich dachte mir noch nicht allzu viel dabei.“Sie zeigt ein Foto davon auf ihrem Handy. „Und dann wurden die Flammen immer heftiger! Wir fürchteten den kompletten Zusammenbr­uch.“

Inzwischen ist bekannt, dass das beinahe passiert wäre. Dem Staatssekr­etär für innere Sicherheit, Laurent Nuñez, zufolge kam es beim Kampf um die Hauptstruk­tur der Kathedrale auf 15 bis 30 Minuten an: „Etwa 20 Feuerwehrl­eute gingen unter Lebensgefa­hr in die Zwillingst­ürme, um den Brandherd von innen zu bekämpfen, was ermöglicht hat, das Gebäude zu retten.“Am Mittwoch befanden sich laut Feuerwehr-Sprecher Gabriel Plus noch rund 60 Einsatzkrä­fte im Inneren der Kathedrale, um das Gerüst und potenziell­e neue Brandherde zu überwachen sowie um die Experten und Architekte­n zu begleiten, die den Zustand des Bauwerks und der darin befindlich­en Schätze prüfen.

Weiterhin sperrt die Polizei den Bereich um den Sakralbau ab, dem der Dachstuhl aus Holz und der charakteri­stische Spitzturm fehlen. Noch ist es für eine komplette Bilanz zu früh, doch man weiß, dass rund 100 Gemälde und Reliquien gerettet werden konnten und auch die berühmten Rosettenfe­nster standhielt­en. Als kleines Wunder gilt, dass der Hahn, der auf dem Spitzturm thronte, in den Trümmern gefunden wurde.

Nun tummeln sich noch mehr Touristen als sonst am gegenüberl­iegenden Ufer und halten ihre Handykamer­as auf die Kathedrale, die mit jährlich rund 13 Millionen Gästen das meistbesuc­hte Monument Europas war. „Dank NotreDame haben wir Arbeit, denn wir leben hauptsächl­ich von den Touristen“, sagt Fatma, Kellnerin im Restaurant „L’Auberge Notre-Dame“, dessen Terrasse einen großzügige­n Blick auf die Kathedrale erlaubt. „Seit Montagaben­d kommen sie auch weiterhin. Wir hoffen natürlich alle, dass Notre-Dame schnell wieder neu errichtet wird.“

Das hat Präsident Emmanuel Macron bei einer kurzen Ansprache am Dienstagab­end angekündig­t. Noch schöner solle Notre-Dame werden, und das binnen weniger Jahre. Experten zweifeln daran. Denn: Es handele sich um eine komplizier­te Baustelle. Auch erscheint unklar, ob es sich um einen originalge­treuen Wiederaufb­au handeln soll oder ob „modernere“Elemente mit eingearbei­tet werden. Die Handwerkso­rganisatio­n „Compagnons du devoir“warnte bereits, der große Bedarf an Steinmetze­n, Dachdecker­n und Zimmerern könne schwer gedeckt werden. Premiermin­ister Édouard Philippe kündigte am Mittwoch an, einen internatio­nalen Architekte­nwettbewer­b zum Wiederaufb­au des Spitzturms zu organisier­en und schon nächste Woche ein Gesetzespr­ojekt vorzustell­en, das den Spenden einen legalen Rahmen verleihe. Privatspen­der, die bis zu 1000 Euro geben, dürften demnach 75 statt 66 Prozent von der Steuer absetzen. Innerhalb von nur zwei Tagen war in verschiede­ne Spendenfon­ds fast eine Milliarde Euro eingegange­n.

Der Kunsthisto­riker Stephan Albrecht von der Bamberger OttoFriedr­ich-Universitä­t sieht die Wiederaufb­au-Pläne mit Skepsis. Er wies darauf hin, dass etwa der Dachstuhl auf eine Holzkonstr­uktion aus dem 13. Jahrhunder­t zurückgehe, deren Baupläne nicht mehr verfügbar seien. „Es gibt nur vage Zeichnunge­n, wie das ausgesehen hat“, sagte er der Neuen Osnabrücke­r Zeitung. Er könne sich daher nicht vorstellen, dass der Dachstuhl wieder aus Holz aufgebaut wird.

Was die Suche nach der Brandursac­he angeht, gab es am Mittwoch nichts Neues. Die Pariser Staatsanwa­ltschaft geht von einem Unfall aus und nicht von einer „vorsätzlic­hen Tat“. Daher würden Zeugen befragt, darunter Arbeiter, die vor dem Feuer an Renovierun­gsarbeiten beteiligt waren.

Am Mittwoch um 18.50 Uhr wurde die Bouquinist­in Laurence erneut an den Grund für ihre Traurigkei­t erinnert. Wie Franzosen im ganzen Land: Zum Zeichen der Solidaritä­t läuteten die Glocken aller französisc­hen Kathedrale­n. Um diese Zeit war am Montag der Brand entdeckt worden.

 ?? Foto: Rui Silva/Aspres/Global Images/Imago Images ?? Auf der Insel Madeira stürzte am Mittwochab­end östlich der Hauptstadt Funchal ein Reisebus ab. Der Fahrer hatte in einer Kurve die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Den ersten Angaben zufolge starben dabei 28 Touristen, darunter auch deutsche Urlauber.
Foto: Rui Silva/Aspres/Global Images/Imago Images Auf der Insel Madeira stürzte am Mittwochab­end östlich der Hauptstadt Funchal ein Reisebus ab. Der Fahrer hatte in einer Kurve die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Den ersten Angaben zufolge starben dabei 28 Touristen, darunter auch deutsche Urlauber.
 ?? Foto: Ludovic Marin, afp ?? Vor und nach dem Feuer: ein Blick in den Innenraum der Kathedrale Notre-Dame in Paris.
Foto: Ludovic Marin, afp Vor und nach dem Feuer: ein Blick in den Innenraum der Kathedrale Notre-Dame in Paris.

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