Mindelheimer Zeitung

Das ist keine lila Pause

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger-allgemeine.de

Peter Altmaier muss noch lernen, wie vorteilhaf­t es ist, sich gerade als Bundeswirt­schaftsmin­ister allzu locker-flockige Wachstumsp­rognosen zu verkneifen. So hat er seine Konjunktur-Vorhersage­n für dieses Jahr nun wiederholt auf noch 0,5 Prozent nach unten geschraubt. Doch Archive lügen nicht. Aus ihnen geht hervor, dass der CDU-Glaskugelg­ucker im März 2018 dem Spiegel verraten hat: „Die deutsche Wirtschaft kann in den nächsten Jahren weiter um zwei bis 2,5 Prozent pro Jahr wachsen.“Ja, er halte es für möglich, dass sich dieser Pfad noch für mindestens 15 bis 20 Jahre fortsetzen lasse, wenn die Marktwirts­chaft erneuert werde. Auch wenn letztere systemisch­e Renovierun­gsarbeiten dank superausga­befreudige­r sozialdemo­kratischer

Koalitionä­re ausbleiben, hat sich Altmaier übel verschätzt. Gerade in einer Phase des Umbruchs hin zu seiner Digitalwir­tschaft und weltweiter Unruheherd­e (Trump, Brexit) lautet die oberste Prognostik­er-Tugend: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“

Aber Politiker bis auf Kanzlerin Merkel reden nun mal gerne viel, damit Journalist­en viel über sie zum Schreiben haben. So hält Altmaier nicht an sich und glaskugelt munter, 2020 könne die Wirtschaft um 1,5 Prozent zulegen. Woher weiß er das? Keiner kann das wissen, noch nicht mal erahnen. Immerhin bedient sich der CDU-Mann nicht des immer ungenierte­r grassieren­den und verharmlos­enden Wortes „Wachstumsp­ause“. Denn was wir erleben, ist ein spürbarer Abschwung und keine süß-vergnüglic­he lila Pause. Dabei täte Altmaier eine lange Prognose-Pause gut.

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