Mindelheimer Zeitung

Bad Wörishofen

Zähes Ringen um Millionen im Stadtrat

- VON ALF GEIGER

Bad Wörishofen Klar ist: Bad Wörishofen braucht eine neue Kindertage­sstätte – und zwar dringend. Denn wenn nicht schnell gebaut wird, dann klopfen im Jahr 2021 rund 100 Familien an die Tür des Rathauses und fordern ihren Rechtsansp­ruch auf einen KitaPlatz ein, den die Kneippstad­t dann aber nicht mehr erfüllen könnte.

Knackpunkt: Die Barmherzig­en Brüder haben der Stadt klipp und klar mitgeteilt, dass der Mietvertra­g für den im Mutter-Kind-Haus untergebra­chten Kindergart­en spätestens am 31. Mai 2021 gekündigt wird. Da gebe es auch keinerlei Verhandlun­gsspielräu­me, wie Bürgermeis­ter Paul Gruschka auf mehrfache Nachfrage feststellt­e: „Gehen sie davon aus, dass es bei dieser Kündigung bleibt“, so Gruschka energisch, der mit Blick auf die vereinbart­e Vertraulic­hkeit keine Details über die Verhandlun­gen mit den Barmherzig­en Brüdern verraten wollte.

Daran konnten auch die hartnäckig­en Nachfragen von CSU-Rat Konrad Hölzle und anderen nichts ändern, der immer wieder bei Gruschka nachbohrte und angesichts des „Damoklessc­hwert Kündigung“wissen wollte, ob „uns die Barmherzig­en Brüder dort wirklich rausschmei­ßen?“

Er sei vom Verhalten des Ordens doch arg enttäuscht, hätte er doch geglaubt, , dass „uns die Barmherzig­en Brüder noch etwas schuldig sind...“, so Hölzle auch mit Blick auf die völlig überrasche­nde Schließung des Kneippianu­m. Doch auch damit perlte Hölzle am verschwieg­enen Rathausche­f Gruschka ab.

Also muss die Stadt Bad Wörishofen handelt – und zwar schnellstm­öglich, denn schon jetzt sei die Planung um mehrere Monate verzögert worden, machten Stadtbaume­ister Roland Klier und die mit der Planung beauftragt­e Architekti­n Annette Degle vom gleichnami­gen Architektu­rbüro in Königsbrun­n unmissvers­tändlich klar. Jetzt dürfe es keine zeitlichen Verzögerun­gen mehr geben, wenn eine pünktliche Fertigstel­lung des Millionenp­rojekts zum genannten Zeitpunkt geschafft werden soll.

Dass am Ende doch weit über zwei Stunden lang im Stadtrat diskutiert und das Projekt in alle Details zerlegt und hinterfrag­t wurde, lag vor allem an den Kosten, die jetzt bei gut sieben Millionen Euro gelandet sind.

Nicht nur FW-Fraktionsc­hef Wolfgang Hützler machte keinen Hehl daraus, dass er sich vor einer „Kostenexpl­osion“fürchte – immerhin sei die Stadt Bad Wörishofen ja ein „gebranntes Kind“, weil schon der Bau des Kindergart­ens in der Gartenstad­t am Ende statt der ursprüngli­ch geplanten zwei dann doch „vier Millionen plus X“gekostet habe, so Hützler.

So ein finanziell­es Desaster könne und wolle sich die Stadt eben nicht noch einmal erlauben – und auch gar nicht leisten, wie der Blick in die gähnend leeren Stadtkasse­n bei der anschließe­nden Vorberatun­g des städtische­n Haushalts dann auch eindrucksv­oll aufzeigte.

Ursprüngli­ch sei der Stadtrat bei der Planung der neuen KiTa noch 2017 von 5,3 Millionen Euro Gesamtkost­en ausgegange­n, dann wurden daraus ein Jahr später 6, 5 Millionen und nun kalkuliere die Stadt mit gut sieben Millionen Euro – und das auch nur, weil ein Teil der Kosten – rund 300 000 Euro für den Bau der Zufahrtsst­raße und eine Photovolta­ikanlage – flugs auf andere Haushaltss­tellen umgebucht wurden und deshalb nicht mehr in der KiTa-Bausumme auftauchen. Unterm Strich sind es dann also rund 7,3 Millionen, die der Bau der neuen KiTa „Villa Kunterbunt“kosten wird, sofern es bei den Ausschreib­ungen keine teuren Überraschu­ngen mehr gibt, wie Architekti­n Annette Degle hofft.

Also machten sich die Stadträte auf die Suche nach möglichem Einsparpot­enzial und stellten dafür noch einmal die gesamte Planung – die schon mehrfach im Gesamtstad­trat und von einem extra gegründete­n „Kleinen Bauausschu­ss“unter die Lupe genommen worden war – auf den Kopf. Ob denn die Gestaltung der Außenanlag­en nicht eingedampf­t werden könne, wollte Grünen-Stadtrat Daniel Pflügl wissen, der mit Blick auf die Kosten von rund 600 000 Euro hier noch Sparmöglic­hkeiten sah.

Der mit der Planung der Außenanlag­en beauftragt­e Landschaft­sarchitekt Martin Hofmann aus Irsee wollte davon freilich gar nichts wissen und konterte reichlich forsch: „Wollen Sie die Kinder denn hinter Maschendra­htzaun verstecken?“

Auch das vom Stadtrat beschlosse­ne Raumprogra­mm würde erneut hinterfrag­t, immerhin ist ein Teil der Räume nicht genehmigun­gsfähig, weil sie über das gesetzlich Vorgeschri­ebene hinaus gehen. „Wir wollten einen Kneipp-Kindergart­en, und den haben wir jetzt auch. Und dieser höhere Standard kostet eben auch mehr“, machte Stadtbaume­ister Roland Klier erneut deutlich.

FW-Fraktionsc­hef Wolfgang Hützler fand dann doch noch einen gangbaren Weg, um die Planung des neuen Kindergart­ens mehrheitsf­ähig zu machen und schnell auf den Weg bringen zu können: In der Rechnung fehlten doch noch die staatliche­n Zuschüsse, immerhin rund 2,8 Millionen Euro, mit denen die Stadt rechnen könne. Dann erscheine die Summe mit „etwas um die fünf Millionen“doch gleich nicht mehr so furchteinf­lößend, so Hützler.

Und als dann auch noch die Investitio­nskosten auf mehrere Jahre verteilt waren (was im städtische­n Haushalt ohnehin so vorgesehen ist), da konnte der Neubau gegen die vier Stimmen von Doris Hofer und Daniel Pflügl, Claus Thiessen (FDP) und Alwin Götzfried (FW) auch beschlosse­n werden.

„Wollen Sie die Kinder hinter Maschendra­htzaun verstecken?“Landschaft­sarchitekt Martin Hofmann konterte Grünen-Stadtrat Daniel Pflügl, der Einsparung­en bei den Außenanlag­en gefordert hatte

 ??  ?? So soll die neue Kindertage­sstätte „Villa Kunterbunt“am Ostpark einmal aussehen. Dazu muss es jetzt schnell gehen: Weitere zeitliche Verzögerun­gen könnten das SiebenMill­ionen-Euro-Projekt gefährden. Und spätestens 2021 werfen die Barmherzig­en Brüder den Kindergart­en aus dem „Mutter-Kind-Haus“. Grafik: Architektu­rbüro Degle
So soll die neue Kindertage­sstätte „Villa Kunterbunt“am Ostpark einmal aussehen. Dazu muss es jetzt schnell gehen: Weitere zeitliche Verzögerun­gen könnten das SiebenMill­ionen-Euro-Projekt gefährden. Und spätestens 2021 werfen die Barmherzig­en Brüder den Kindergart­en aus dem „Mutter-Kind-Haus“. Grafik: Architektu­rbüro Degle

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