Kommentar Von Euphorie ist nichts zu spüren
Der Sieg von Wolodymyr Selenskyj bei der Präsidentenwahl in der Ukraine ist eine Sensation. Ein Schauspieler, der in einer Fernsehserie den Präsidenten spielt, wird nun zum echten Präsidenten. Die Wirklichkeit folgt dem Drehbuch. Die Wähler entschieden sich für eine Abrechnung mit ihrem politischen System. Sie beförderten Amtsinhaber Petro Poroschenko krachend aus dem Präsidentenpalast. In den Augen der Ukrainer stand der Schokoladen-König Poroschenko für den verhassten Klüngel und Filz der Oligarchen – jener mächtigen Männer (und selten Frauen), die den Staat mit ihrer aus Geld erwachsenen Macht zu ihrer Beute machen. Der Erfolg Selenskyjs ist ein Schrei nach sauberen Politikern. Leider steht zu befürchten, dass aus dem sehnlichen Wunsch der Wähler nichts wird. Denn der Star selbst unterhält enge Beziehungen zum milliardenschweren Oligarchen Ihor Kolomoisky. Der Verdacht liegt nah, dass Selenskyj nur eine Marionette ist. Von Euphorie ist fünf Jahre nach der Revolution ohnehin nichts mehr zu spüren. Jeder ist besser als Poroschenko – dieser Leitsatz bestimmte die Wahlen. Für die Zukunft wird das nicht genügen.